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Letzte Aktualisierung dieser Seite: 25.04.2022 11:20:19 Uhr.
 

 
Thailand
 
Orchideen in einer Orchideenfarm bei Chiang Mai (Nord-Thailand). Fotos: © Axel Ertelt.
 


Inhalt dieser Seite:

Im Gedenken an: Ingo Kordon (von Jürgen Eichenlaub)
Die rätselhaften Feuerbälle aus dem Mekong (mit einem Beitrag von Wilfried Heil)
 

 
 Ein privater Entwicklungshelfer engagiert sich in Nordthailand
Text: © Axel Ertelt, Fotos: © Ingo Kordon 
 
Dies ist die Geschichte von Ingo Kordon, einem Deutschen, der nach Thailand ging um dort aktiv Entwicklungshilfe zu leisten. Zuerst im Auftrag einer deutschen, staatlichen Entwicklungshilfeorganisation und später als privater „Entwicklungshelfer durch eigene Gnaden“.
 
Geboren wurde Ingo Kordon im Jahre 1941 in Spremberg in der Mark Brandenburg/Niederlausitz. In Nürnberg studierte er später Bauingenieurwesen und wurde Diplom-Ingenieur. 17 Jahre war er erfolgreich selbständig mit seinem eigenen Bauingenieurbüro tätig, hatte ein eigenes Haus, eine Eigentumswohnung am Gardasee und fuhr des Deutschen Statussymbol – einen Mercedes-Benz.
 
Entwicklungshelfer 136841
 
Als seine beiden Söhne erwachsen waren und schließlich ihr eigenes Leben führten, heiratete Ingo Kordon noch einmal. Seine neue Frau war eine Thai namens Arunee, was zu Deutsch soviel wie Morgenröte bedeutet. Arunee stammte aus Nordthailand, genauer gesagt einem kleinen Dorf in der Nähe von Chiang Mai. In dieser Gegend leben auch viele Bergvölker, ethnische Minderheiten, genannt Hilltribes und eine große Anzahl anderer Menschen aus einer sozial schwachen Bevölkerungsschicht. Hier, in den südlichen Vorläufern zum Goldenen Dreieck, kann und muss noch viel für die Einwohner des Landes getan werden. Ein guter Ansatzpunkt für aktive Entwicklungshilfe!
 
„Die Entwicklungshilfe ist für mich eine gute Sache“, schreibt Ingo Kordon in einem seiner Bücher. Und außerdem war sie für ihn die einzige greifbare Chance, um mit seiner Frau Arunee in deren Heimatland, Thailand, zu leben. So bewarb er sich schließlich bei einer deutschen, staatlichen Entwicklungshilfeorganisation.
 
In seinem Buch „Entwicklungshelfer 136841“ beschreibt Ingo Kordon ausführlich seine Bewerbung zum Entwicklungshelfer bei dieser Organisation, die nach seinen eigenen Schilderungen schon recht seltsam anmutet. Scheinbar durch die Prüfungen gefallen, wurde er wider Erwarten doch angenommen. So gab er sein bisheriges Leben, sein Haus, seine Eigentumswohnung am Gardasee und seinen Mercedes auf und ging als Entwicklungshelfer nach Thailand.
 
Bei einem Entwicklungshilfeprojekt vor Ort soll es dann, wie Ingo Kordon berichtet, nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Da ist die Rede von Korruption und überteuerten Kostenvoranschlägen. Auch private Vorteilnahmen durch einen seiner Vorgesetzten in der deutschen Entwicklungshilfeorganisation prangerte Ingo Kordon an. Das alles führte schließlich kurzerhand zu seinem Rausschmiss bei der Organisation in Form einer fristlosen Kündigung. Vor Gericht bekam er genauso wenig Recht, wie eine Petition an den Deutschen Bundestag zu dem gewünschten Erfolg führte. Seine vorgelegten Berichte und Beweise, so Ingo Kordon, wurden weder von den Gerichten noch vom Petitionsausschuss so richtig gewürdigt und berücksichtigt.
 
Soweit die Vorgeschichte, die hier an dieser Stelle nicht näher erläutert und dargelegt werden soll. Sie ist in seiner Dokumentation „Entwicklungshelfer 136841“ (1989) ausführlich beschrieben.
 
Entwicklungshelfer von eigenen Gnaden
 
Nach seiner Kündigung als Entwicklungshelfer durch die Organisation konnte Ingo Kordon noch sechs Monate in Thailand bleiben, bevor er für zwei Monate mit seiner Frau Arunee nach Deutschland zurückkehrte. Während dieser Zeit ging der Rechtsstreit um seine Entlassung und die dazugehörenden Hintergründe weiter.
 
Schließlich flogen sie nach dem zweimonatigen Aufenthalt in Deutschland wieder nach Thailand. Allerdings ohne eine Arbeitserlaubnis in seiner neuen Wahlheimat. So konnte Ingo Kordon seinen Traum offiziell als Entwicklungshelfer tätig zu sein erstmal nicht verwirklichen.
 
Zurück in Nordthailand erfuhr er von dem Projekt Mae Soi, einem privaten Hilfsprojekt für zahlreiche Landbauerfamilien, deren Existenz durch die Vernichtung des Regenwaldes extrem bedroht war, da nun hier auch die Bäche versiegten. Das Projekt hatte vor allem eine Wiederaufforstung und die Bewässerung der Felder zum Ziel. Ein Mönch leitete das Projekt zusammen mit der Tochter eines Prinzen, die wiederum auch den Hauptanteil der benötigten Gelder beisteuerte.
 
Ingo Kordon bot spontan seine Hilfe an und arbeitete dann erst einmal privat und unendgeldlich bei diesem Projekt mit. Bei dem Bewässerungsprojekt konnte er seine ganze Erfahrung als Tiefbauingenieur einbringen. So fing seine private Entwicklungshilfe als „Entwicklungshelfer von eigenen Gnaden“ an, die unter diesem Buchtitel auch als weitere Dokumentation 1991 erschien.
 
Beide Dokumentationen sind vergriffen, jedoch 1999 auch in einer zusammengefassten und neu bearbeiteten Auflage als Buch unter dem Titel „Entwicklungshelfer durch eigene Gnaden“ unter der ISBN 3-88896-070-3 beim Verlag Zur heilen Welt, Postfach 1168, 51556 Windeck/Sieg, erschienen.
 
Bei den Bergstämmen - Private Entwicklungshilfe im Norden Thailands
 
Nach seinen bisherigen Erfahrungen mit der deutschen, staatlichen Entwicklungshilfe, die nach den Schilderungen Ingo Kordons durchweg negativ ausfielen, berichtet er in einem weiteren Buch unter dem Titel „Bei den Bergstämmen – Private Entwicklungshilfe im Norden Thailands“ seinen Werdegang als privater Entwicklungshelfer in seiner Ein-Mann-Organisation – oder „Entwicklungshilfe-Miniorganisation“, wie er es in seinem Buch selber nennt. 
 
 
In einem neu errichteten Gemeinschafts-Fischteich werden die ersten Fische zur Zucht ausgesetzt.
(Bergvölker Mae Hong Son, Huay Salop) 
 
Diese Entwicklungshilfe führte er über einige Jahre hinweg durch. Das Gebiet in dem er dabei tätig war und das in der Hauptsache drei Bergstammdörfer betraf, lag im dicht bewaldeten und unerschlossenen Bergland hoch im Norden Thailands. Ein Bereich, in dem je nach Jahreszeit große Trockenheit oder Überschwemmungen herrschten. Einige Bereiche, in denen Ingo Kordon seine Entwicklungshilfe tätigte waren dabei Vieh- und Fischzuchtprogramme sowie Obstbaumbepflanzungen. Daneben gab es von seiner Seite auch zahlreiche Unterstützung bei anderen Programmen der Dorfgemeinschaften und Schulen.
 
Bei all dem musste Ingo Kordon sich oft gegen bürokratische Ansichten durchsetzen und seine Fahrten zu den Bergstämmen über teilweise unbefestigte Pisten muten wie ein Abenteuer längst vergangener Tage. Unterstützt wird er dabei von zahlreichen Menschen, überwiegend aus Deutschland, die ihn mit Spenden für seine Projekte unterstützen. Publik wurde seine Tätigkeit auch aus einigen Veröffentlichungen in Zeitungen und Zeitschriften, darunter in Deutschland auch das ehemalige SIAM-JOURNAL, das ihn durch mehrere Berichterstattungen auch in Deutschland besser bekannt werden ließ und ihn so unterstützte.
 
 
Übergabe und pflanzen der ersten Obstbäume durch Ingo Kordon in Huay Sarn nok.
(Bergvölker Mae Hong Son) 
 
Das Abenteuer „Private Entwicklungshilfe“ im Norden Thailands war nicht einfach und oft mühevolle Kleinarbeit. Wie das im Einzelnen aussah, dass wird von Ingo Kordon ausführlich in seinem Buch „Bei den Bergstämmen – Private Entwicklungshilfe im Norden Thailands“ beschrieben. Es erschien 1997 im Verlag Normales Leben in Chiang Mai und ist in Deutschland erhältlich über die Druckerei Stengl, Forchheimer Str. 25, 91077 Neunkirchen a. Br.
 
Soweit das Portrait von Ingo Kordon und sein Werdegang als privater Entwicklungshelfer in Nordthailand. Ingo Kordon verstarb leider am 19. Februar 2010 in Nordthailand wie das forum.thailandtip Anfang März diesen Jahres berichtete. Damit haben die Bedürftigen in Nordthailand einen der engagiertesten Helfer vor Ort verloren. Wir werden ihn immer in bester Erinnerung halten. 
 
Berichte von/über Ingo Kordon:
Richtigstellungen zu Falschaussagen über die politische Situation Thailands 
Ein Deutscher leistet private Entwicklungshilfe in Nordthailand 
 
 
Im Gedenken an:
 
Ingo Kordon
Entwicklungshelfer durch eigene Gnaden
 
Ingo Kordon, vielen Neunkirchenern aus seiner Tätigkeit als technischer Mitarbeiter der Marktgemeinde Neunkirchen a. Brand bekannt, ist am 18./19. Februar 2010 in Sanpatong (Thailand) im Alter von 69 Jahren nach kurzer Krankheit verstorben.
 
Beim Markt Neunkirchen a. Brand war Ingo Kordon in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts als Tiefbauingenieur mit Wasser-, Kanal- und Straßenbau sowie mit der Bauleitplanung, insbesondere dem Erstellen der Bauleitpläne des Marktes mit seinen Ortsteilen beschäftigt, die heute noch als Urverfasser seinen Namen tragen.
 
1986 wanderte Ingo Kordon nach Thailand aus, um als Entwicklungshelfer in Diensten der Bundesrepublik Deutschland als Bewässerungsingenieur in Buddhanien im Norden des Landes tätig zu sein. Nach zwei Jahren initiierte er eigene Entwicklungsprojekte im Rahmen der Organisation KHRU helps the people. Hilfe brachte er beispielsweise den Bergvölkern im Norden, den Lahu, einem aus China, Burma und Laos zugewanderten Hochlandstamm in der Provinz Mae Hong Song (ca. 200 – 300 km von Chiang Mai entfernt). In seine Arbeit konnte er seine Erfahrungen aus der Fränkischen Schweiz einfließen lassen. So ließ er als Schutz gegen Erdrutsche und Erosion Obstbäume pflanzen, organisierte Viehverleihstellen und legte Fischteiche an. Aber auch beim Bau und Ausbau von Schulen in den Bergdörfern oder beim Bau von Straßen, Kanal und Wasserleitungen half er tatkräftig mit. Am Herzen lag Ingo Kordon vor allem die Hilfe für Behinderte und mittellose Familien z. B. durch Finanzierung eines Studiums oder auch die Schulmilchspeisung.
 
Alle Projekte, bei denen sein Wissen als Ingenieur gefragt war, konnten auf seine Unterstützung vertrauen.
 
Seine Hilfen wurden von vielen anerkannt, durch befreundete Privatleute oder Organisationen aus Kanada, England, den USA oder Deutschland. Über jede Spende bedankte er sich herzlich, legte Rechenschaft und Rechnungsbelege mit Fotos bei.
 
So ganz nebenbei war Ingo Kordon auch Schriftsteller. Aus seiner Feder stammen folgende Büchlein: „Entwicklungshelfer durch eigene Gnaden“, „Siamesische und thailändische Geschichten“, „Geschichten aus Siam“ oder die beiden Sammlungen über „Tierisch Menschliches und menschlich Tierisches“, „Bei den Bergstämmen“ (Private Hilfe im Norden Thailands), „Meine Reisen zum Sternbild der Fische“.
 
Ein Freund und Förderer schreibt über Ingo Kordon: „…Ich fühle mich mit ihm im Geist verwandt und schätze seine Bücher, in denen sein Mut, seine Ehrlichkeit und seine Menschlichkeit und auch seine Liebe zu den Menschen in Thailand für die Nachwelt dokumentiert wird“.
 
Mit dem Tod von Ingo Kordon haben die von ihm Unterstützten vermutlich jede Art von Hilfeleistungen verloren.
 
Vom Ableben Ingo Kordons habe ich, früherer Kollege, erst nach mehrmonatigem Ausbleiben der langjährigen Briefkorrespondenz erfahren.
 
Jürgen Eichenlaub
Neunkirchen a. Brand, im Januar 2011
 
Erstveröffentlichung im Amtsblatt der Marktgemeinde Neunkirchen a. Brand.
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Verfassers.
 

 
Eine Beerdigung im ländlichen Thailand
Text: © Axel Ertelt, Fotos: © Axel und Thawee Ertelt
 
Während unserer Thailandreise im Juli/August 1995 konnten wir eine Beerdigung im ländlichen Thailand in allen Details miterleben. Da weit mehr als 90 % der Thaibevölkerung Buddhisten sind, läuft eine solche Beerdigung ganz anders ab als bei uns. Um Ihnen das einmal näher zu bringen hier unser Bericht:
 
Am 13. August 1995, gegen 17.00 Uhr, war in Ban Don Mai Fai der Onkel meiner Frau verstorben. Ban Don Mai Fai ist ein kleiner Ort auf der Korat-Ebene im nordöstlichen Thailand und liegt im Isan. Der Isan gilt als ärmste und unfruchtbarste Region des Landes.
 
 
 
Abb. oben links: Sarggeschäft an einer Straße bei Chiang Mai. 
Abb. oben rechts: Sarggeschäft im Zentrum von Chiang Mai. 
Abb. unten links: Traditionelle Fusswaschung eines Verstorbenen. 
Abb. unten rechts: Die Hausaufbahrung des verstorbenen Onkels. 
 
Die Nachricht erhielten wir durch einen Enkel des entschlafenen Onkels im Haus der Schwiegereltern, der eigens angereist war, um die Todesnachricht zu überbringen. Der verstorbene Onkel hatte einige Tage in einem Krankenhaus gelegen und war dann zum Sterben nach Hause geschickt worden, weil man im Krankenhaus keine Möglichkeit mehr sah, ihm zu helfen.
 
Nun leben die Schwiegereltern auch in einem kleinen Ort, der etwa 120 km nördlich von Chantaburi, mitten auf dem Land und nur knappe 20 km von der Grenze nach Kambodscha entfernt liegt. Ein Auto und Telefon waren damals dort nicht vorhanden. So mussten wir mit einem Moped erst einige Kilometer zu einem Telefon fahren, um von hier im nächsten Ort ein Taxi zu bestellen, das uns noch am gleichen Nachmittag nach Ban Don Mai Fai bringen würde, damit wir an der Beerdigung teilnehmen konnten.
 
Irgendwie funktionierte es und das Auto kam gegen 15.00 Uhr. Wir hatten inzwischen das Nötigste für zwei bis drei Tage zusammengepackt, luden die Sachen ins Auto und fuhren los. Die Fahrt dauerte gute fünf Stunden und als wir endlich gegen 20.00 Uhr beim Haus der Tante eintrafen, war es bereits stockdunkel.
 
Schon beim Abbiegen von der Hauptstraße auf die Seitenstraße im Ort, in der das Haus des Onkels steht, war der zeremonielle Singsang der buddhistischen Mönche zu hören, der allabendlich – bis zur Verbrennungszeremonie – abgehalten wird. Diese Zeremonie dauerte ca. zwei Stunden und wurde über Lautsprecher im Haus und zwei große Lautsprecherboxen vor dem Haus auf voller Lautstärke in die Nachbarschaft übertragen.
 
Das Haus des Onkels ist eines jener typischen Holzhäuser in Pfahlbauweise. Das heißt, dass sich das eigentliche Haus etwa zwei Meter hoch auf Pfählen befindet. Diese Bauweise wird im ländlichen Thailand häufig gewählt, da das Land in der Regenzeit oft unter Wasser steht. Zum Haus selbst führt eine alte und nicht mehr ganz Vertrauen erweckende Holzstiege hinauf, über die wir schließlich ins Haus gelangten.
 
 
Abb. oben links: Die Mönche bei der Trauerzeremonie. 
Abb. oben rechts: Der Sargwagen für den Sargtransport zum Wat.
Abb. unten links: Den Söhnen und Enkeln werden die Schädel kahl rasiert. 
Abb. unten rechts: Die als Mönch eingekleideten Söhne und Enkel. 
 
Anwesend waren um die 60 Trauergäste, die zum Großteil alle aus der Familie waren. Den Rest stellten Nachbarn und Freunde dar. Gut die Hälfte von ihnen hatte sich auf dem Fußboden im Haus niedergelassen, die anderen hielten sich unter oder vor dem Haus auf. In der rechts vom Eingang gelegenen Hausecke war der Sarg mit dem verstorbenen Onkel aufgebahrt. Er bestand aus einfachen und roh zusammen gezimmerten Holzbrettern und war außen mit schwarzem Papier überklebt. Die Kanten waren mit weißen Papierstreifen abgesetzt. Ein Deckel war nicht vorhanden. Später erfuhr ich, dass der Sarg von der Familie selbst angefertigt worden war, weil für einen Kauf nicht genügend Geld aufgebracht werden konnte, und die drei Tage andauernden Beerdigungsfeierlichkeiten noch teuer genug würden.
 
Die Innenausstattung des Sarges bestand aus einer einfachen roten Matratze, wie sie hier allgemein als Schlafstätte benutzt wird. Der Onkel war vollständig eingekleidet und nur mit einem großen, weißen Papierbogen abgedeckt. Soweit die Beschreibung des eigentlichen Sarges. Umschlossen wurde das Ganze komplett von einem rotgoldenen, reichlich mit buddhistischen und mythologischen Ornamenten versehenen Übersarg, der vollständig auseinander zu nehmen war und vom nahe gelegenen Wat (Kloster) kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde. Dadurch war bei der Aufbahrung im Haus von dem eigentlichen Sarg, der später auch verbrannt werden sollte, nichts mehr zu sehen.
 
Aber auch vom Übersarg war nicht mehr viel sichtbar, da er fast vollständig mit Blumenschmuck abgedeckt war. Zusätzlich war eine lange, bunte und blinkende Lichterkette in den Blumenschmuck integriert worden, die Tag und Nacht unaufhörlich blinkte. Die Raumecke war mit schwarzem Tuch bespannt und an der hinteren Wand waren der Name, das Geburts- und Sterbedatum sowie das Alter des Onkels angegeben. Links vor dem Sarg stand ein Ständer, auf dem ein großes Foto des Onkels war. Mittig davor, auf dem Boden, befand sich eine Opferschale, in der die Trauergäste Kerzen und Räucherstäbchen zu Ehren des Verstorbenen abbrennen konnten.
 
An der rechten Wand, etwas vom Sarg weg, in Richtung Hauseingang, saßen die Mönche des Wat Ban Don Mai Fai und hielten ihre Zeremonie. Für den Auftritt der Mönche ist eine Spende an das Wat fällig. Diese betrug pro Tag und Mönch 500 Baht (ca. 10 €), was bei den drei Tagen im Falle des Onkels eine Gesamtsumme von 6.000 Baht (ca. 120 €) ausmachte.
 
Gegen 21.00 Uhr waren die Mönche mit ihrer Zeremonie fertig und wir konnten unser Quartier im Hause der Cousine meiner Frau, die gleich nebenan wohnt, beziehen. Hier war auch ein Großteil der übrigen Verwandtschaft untergebracht, die ebenfalls von außerhalb, teilweise aus entfernten Landesteilen angereist waren. Nachdem die Mönche mit ihrer Zeremonie fertig waren und ihre Rückkehr zum Wat angetreten hatten, wurde über Lautsprecher (wieder in voller Lautstärke) Trauermusik abgespielt. Da diese auch ununterbrochen die ganze Nacht über gespielt wurde, war an einen gesunden Schlaf in dieser Nacht kaum zu denken.
 
 
Abb. oben links: Die Mönche verlassen das Haus. 
Abb. oben rechts: Auf dem Weg zum Wat werden Knallfrösche geworfen um die Geister zu vertreiben. 
Abb. unten links: Die Mönche begleiten den Sarg auf dem Sargwagen.
Abb. unten rechts: Der zur Trauerzeremonie aufgestellte Sarg auf dem Watgelände. 
 
Am nächsten Abend spielte sich wieder die gleiche Zeremonie ab, nachdem die Trauermusik auch den ganzen Tag über gespielt worden war. Die eigentliche Beerdigung bzw. Verbrennung war für den nächsten Morgen angesetzt. Am Nachmittag des Vortages wurden bereits einige Vorbereitungen getroffen. Dazu gehörte die Besorgung des Sargwagens, der ebenfalls in den traditionellen Watfarben rot und golden gehalten war. Am hinteren Ende des Wagens befand sich ein richtiges Steuerrad, mit dem die vordere Achse gelenkt werden konnte. Er hatte vier große Speichenräder, die mit Vollgummi bereift waren und wie Fahrradräder aussahen. An beiden Seiten des Wagens befand sich vorne eine Naga-Schlange (schlangenähnliches Wesen) aus der Thai-Mythologie. 
 
Es ist in Thailand üblich dass jeder gläubige Buddhist einmal im Leben ins Kloster geht, um hier eine Zeit als Mönch zu verbringen. Beerdigungen sind dabei ein beliebter Zeitpunkt, um dieser freiwilligen „Verpflichtung“ nachzukommen. So geschah es auch in der Familie des verstorbenen Onkels, indem sich fünf Familienmitglieder, bestehend aus Söhnen und Enkeln, dazu bereit fanden. Dadurch erwarben sie eine gehörige Portion religiöser Verdienste, denn dies ist eine gute Tat im Sinne des Buddhismus, die dem verstorbenen Onkel zugeschrieben wird. Diese fünf, von denen der jüngste gerade einmal acht Jahre alt war, erhielten nun eine Glatze geschnitten und fein sauber poliert. Die Einkleidung in das safrangelbe Mönchsgewand fand noch vor 6.00 Uhr am nächsten Morgen statt.
 
Wegen der lauten Musik war auch in der kommenden Nacht kaum an Schlaf zu denken. Und so waren wir bereits um 5.30 Uhr am Morgen wieder auf den Beinen. Die fünf frisch gebackenen Mönche waren bereits eingekleidet. Die beiden jüngsten standen herum und es schien mir gerade so, als ob sie noch nicht recht begriffen hätten, was hier mit ihnen geschieht...
 
Trotz der frühen Stunde herrschte bereits hektisches Treiben. Das Frühstück für die ganze Trauergesellschaft und die Mönche vom Wat, die man wieder für die vorbereitende Zeremonie zur Beerdigung erwartete, wurde vorbereitet. Der Sargwagen war bereits vor dem Haus bereitgestellt und der Blumenschmuck vom Übersarg wurde abgebaut und aus dem Haus getragen.
 
Gegen 9.00 Uhr kamen dann die Mönche aus dem Wat. Zuerst wurden sie beköstigt, bevor sie mit ihrer Zeremonie anfingen, dessen Sprechgesang wieder über die Lautsprecherboxen übertragen wurde. Im Anschluss daran wurde der Sarg im Haus mit dem draußen bereitstehenden Sargwagen durch einen gesegneten weißen Wollfaden verbunden, ehe er über die schmale und schon etwas brüchige Stiege aus dem Haus getragen wurde. Ein solcher weißer und heiliger Wollfaden wird später vor der Verbrennung oft auch dreimal um das Krematorium oder den Scheiterhaufen geführt. Beim Heraustragen des Sarges aus dem Haus ist es wichtig, dass dies mit dem Fußende voran geschieht.
 
 
 
Abb. oben links: Die letzten Zeremoniehandlungen der Mönche am Sarg. 
Abb. oben rechts: Der äußere Schmucksarg ist bereits abgebaut worden. 
Abb. unten links: Der Sarg wird dreimal um den Scheiterhaufen getragen. 
Abb. unten rechts: Der brennende Sarg auf dem Scheiterhaufen. 
 
Alles lief glatt – bis auf den Verwesungsgeruch, der sich seit dem Entfernen des Übersarges wegen der Wärme überall breitmachte. Während der Sarg aus dem Haus getragen wurde, begann ein Feuerwerk. Knallkörper wurden gezündet und Raketen in den Himmel geschossen. Dazu kommt eigens ein ausgebildeter Feuerwerker, der dies berufsmäßig macht und damit für sich und seine Familie den Lebensunterhalt verdient. Das Ganze dient dazu die bösen Geister zu vertreiben.
 
Auf dem Sargwagen wurde alles wieder aufgebaut: der Übersarg und der Blumenschmuck. Ein langes Seil war vorne am Wagen befestigt worden, an dem sich nun der Trauerzug formierte, um damit den Wagen zu ziehen. Schließlich ging es los und der Trauerzug setzte sich in Bewegung zum Wat, wo nun bald die Verbrennungszeremonie stattfinden sollte. Vor dem Sargwagen befanden sich die Mönche des Wats, die den heiligen weißen Wollfaden hielten, der am Sarg befestigt war. Ihnen voran gingen die Familienangehörigen, die ein Bild des Verstorbenen trugen. Ganz vorne ging jedoch der Gehilfe des Feuerwerkers. Seine Aufgabe war es, etwa alle 15 Meter eine Serie Knallfrösche zu zünden und auf die Straße zu werfen, damit die bösen Geister den Trauerzug in Ruhe ließen. Um diese Geister zu befriedigen, die bei Bestattungsaktivitäten massenhaft angezogen werden, wird häufig unterwegs auch Reis verstreut.
 
Am Wat angekommen wurden erst einmal Getränke mit Eis an die Trauergäste verteilt, da es recht heiß war und das Ganze in der prallen Sonne und ohne schützenden Schatten unter freiem Himmel stattfand.
 
In den letzten zwei Jahrzehnten des ausgehenden 20. Jahrhunderts wurden in vielen Wats diese kleinen Krematorien gebaut, die meistens schon von weitem an ihren hohen Schornsteinen erkennbar sind. So auch im Wat Ban Don Mai Fai. Dieses war jedoch zum Zeitpunkt der Beerdigung noch nicht ganz fertig gestellt und daher auch noch nicht einsatzbereit. So befand sich für die Verbrennung in einer freien, äußeren Ecke des Watgeländes der am Vortag aufgeschichtete Scheiterhaufen, auf dem nun die Verbrennung stattfinden sollte. Doch bevor es endgültig soweit war, wurde von den Mönchen nochmals eine entsprechende Trauerzeremonie abgehalten. Im Anschluss an diesen, für Außenstehende recht eintönig klingenden Sprechgesangs des Suadnitcha, das von der Unentgänglichkeit des Leidens und Todes erzählt, wurden den Mönchen des Wats noch zahlreiche Spenden wie Geld und neue, safrangelbe Mönchsgewänder übergeben.

Gegen 10.30 Uhr war es endlich soweit. Der Blumenschmuck wurde entfernt und der wateigene Übersarg, der natürlich nicht mit verbrannt wird, abgebaut. Der nun offen liegende, eigentliche Sarg wurde vom Sargwagen herunter gehoben und zum Scheiterhaufen getragen. Die Mönche aus dem Wat bildeten dabei wieder die Spitze des Zuges. Bevor der Sarg auf den Scheiterhaufen gestellt wurde, trugen ihn die Sargträger dreimal entgegen der Uhrzeigerrichtung um diesen herum. Das ist eine Abwandlung der alten rituellen Geisterzeremonie, bei der der Sarg dreimal ums Haus getragen wurde, ehe er dann zum Verbrennungsort transportiert wurde. Das diente mit dazu, den Geist des Verstorbenen zu verwirren, damit er nicht mehr zurück ins Haus finden und dort Schabernack treiben konnte.
 
Dann war auch diese letzte Zeremonie vorbei und der Sarg wurde auf den Scheiterhaufen gehoben. Einer der Mönche, der ehrwürdigste, stieg hinauf und prüfte letztmalig den Zustand des Leichnams und entfernte ein weißes, den Tod symbolisierendes Tuch. Häufig wird dann von zwei Mönchen noch Kokosmilch über das Gesicht des Toten gegossen und die Verwandten segnen ihn ein letztes Mal, indem sie parfümiertes Wasser über den Leichnam sprengen. Dann wurde eine Flasche mit Benzin geleert, damit sich das Feuer schneller ausbreiten konnte. Anschließend wurde der Scheiterhaufen an beiden Enden gleichzeitig angezündet. Dies mussten die Angehörigen selber machen, da die Mönche es nicht machen dürfen, denn nach dem buddhistischen Glauben darf keinem Lebewesen ein Leid zugefügt werden. Da sich nun aber über Nacht zahlreiche Kleintiere wie Insekten oder die überall anwesenden Geckos dort eingenistet haben könnten, die durch das Feuer getötet würden, darf dieses nicht von Mönchen entzündet werden, denn die Mönche sind ja schließlich heilige Männer.
 
Einige alte Reiseschriftsteller, die von solchen Verbrennungszeremonien in Thailand berichten, schrieben, dass sich die Körper der Verstorbenen bei dem Verbrennungsvorgang – zum Entsetzen für alle Anwesenden gut sichtbar – im Sarg noch einmal aufgerichtet hätten. Das hat nichts damit zutun, dass die entsprechenden Personen noch nicht tot gewesen wären, sondern ist ein ganz natürlicher, durch die Hitze des Feuers verursachter Prozess. Um diesen Vorgang, der sicherlich sehr schauerlich und unangenehm wirkt, zu verhindern, hatte man den Onkel vor dem Anzünden des Scheiterhaufens in seinem Sarg auf den Bauch gedreht und außerdem mit Holz beschwert. Dadurch wurde der Vorgang des Aufrichtens verhindert.
 
Das Feuer wollte sich, dank der Mithilfe des benutzten Benzins, schnell ausbreiten. Es wurde jedoch anfangs von etlichen der Trauergäste immer wieder eingedämmt, indem diese von Zeit zu Zeit Wasser, das zuvor von den Mönchen geweiht worden war, ins Feuer gossen. Nach einer guten halben Stunde brannte es schließlich lichterloh und die Flammen schlugen an die zwei Meter hoch hinaus. Zu diesem Zeitpunkt leerte sich das Watgelände und die meisten Trauergäste machten sich auf den Weg nach Hause. Wir blieben noch, bis der Sarg ganz in sich zusammenfiel. Meine Befürchtung, der verstorbene Onkel wäre irgendwann dabei noch einmal sichtbar geworden bestätigte sich nicht.
 
 
Abb. links: Bestattungschedis zum Verkauf auf dem Gelände eines Herstellerbetriebes. 
Abb. rechts: Bestattungschedis auf einem Watgelände (Friedhof). 
 
Auch in Thailand ist die Bestattungskultur weiter voran geschritten. Heute gibt es fast auf jedem Watgelände ein kleines Krematorium. Hier ein paar Aufnahmen:
 
 
 
Abb. links: Eines der typischen Krematorien eines Wats in Thailand. 
Abb. Mitte: Geschlossene Ofentür im Krematorium des Wat Tapsong. 
Abb. rechts: Die geöffnete Ofentür erlaubt den Blick in den Ofen. 
 

 
Sagenhafte Geschichten um das Volk rätselhafter Herkunft
von © Axel Ertelt
 
Die Thai sind eine „Völkergruppe, die seit der Zeitwende aus Südchina nach Hinterindien einwanderte.“ [1] Nach der Farbe der Frauentrachten wurden sie von den Chinesen u. a. als Weiße, Schwarze und Rote Thai benannt. Aber auch die Volksstämme der Schan und Lao gehören zur Völkergruppe der Thai. Während die Schan überwiegend in Birma und die Lao in Laos ansiedelten, sind die Thai die Hauptgruppe der Bevölkerung im heutigen Thailand.
 
Der Ethnologe Karl F. Kohlenberg bezeichnet die Thai als ein Volk „von rätselhafter Herkunft und eigenartiger Tradition.“ [2] Kohlenberg, der sich in seinem Buch „Enträtselte Vorzeit“ häufig auf die Sagen und Legenden der Thai-Mythologie bezieht, ist der Ansicht, dass die Thai zumindest Wissen von und um frühe Besucher aus dem Weltraum erhielten, die ihnen nicht nur kulturelle Informationen übermittelten. Damit interpretiert er die Thai-Mythologie ganz im Sinne des bekannten Schweizer Schriftstellers Erich von Däniken, der mit seiner Hypothese eines Besuches Außerirdischer in prähistorischen Zeiten immer wieder für Aufsehen sorgt.
 
Nach Kohlenberg beschäftigen sich seitdem auch andere Schriftsteller des Däniken’schen Ideenguts mit Aspekten aus der Thai-Mythologie. So z B. der Wiener Journalist und Buchautor Peter Krassa [3, 4] und der Dortmunder Schriftsteller Hans-Werner Sachmann. [5] Selbst der Diplom-Bibliothekar Ulrich Dopatka aus der Schweiz schneidet das Thema unter dem Stichwort „Thailand“ in seinem „Lexikon der Prä-Astronautik“ [6] kurz an. Ein paar der interessantesten Spekulationen um das Volk der Thai will nun ich hier aufzeigen und zur Diskussion stellen:
 
Kam der erste mythische Herrscher der Thai aus dem Weltraum?
 
Zitieren wir für diese phantastische Spekulation Peter Krassa: „Die Ahnengalerie der Thai beginnt mit der legendären Persönlichkeit von T'ai-Hao. Er war der erste von fünf mythischen Kaisern und soll vor etwa 5'000 Jahren gelebt haben. Täai bedeutet: Ur- größte, höchste; t'ai-i hingegen: die Einheit vor der Schöpfung; während t'ai-chu: Uranfang und t'ai-ku Urzeit heißt T'ai-kung wird in der Thai-Sprache mit Weltall übersetzt; t'ai-hsü ist der Begriff für Weltenraum.
 
Diese Erklärungen scheinen mir wichtige weil sie auf die wahrscheinliche Herkunft des ersten Thai-Herrschers hinweisen. Der Name T'ai-Hao lässt darauf schließen, dass der Ahne dieses Volkes aus dem Kosmos gekommen sein könnte." [7]
 
Parallel zu diesen Interpretationsvarianten gibt es eine Thai-Legende, die erzählt, dass das „Ei“ des Königs Hsü vom Mond zur Erde gekommen sei Es habe über der Erde die Balance verloren und sei im Meer versunken. Peter Krassa spekuliert dabei, dass sich Hsü durch einen Schleudersitz aus seinem Raumschiff retten konnte: „... der Fremde vom Mond habe später unter den Menschen gelebt und das "Wissen von den Sternen" unter ihnen verbreitet“ [8]
 
Tatsächlich ist die Thai-Mythologie voll von Hinweisen auf „Himmelsfahrzeuge“, die sich mit einiger Phantasie als Raumschiffe interpretieren lassen. Auch Landfahrzeuge in verschiedenen Variationen und sogar Unterwasserfahrzeuge kommen in der Thai-Mythologie vor. Und es gibt noch einen Hinweis über einen Besucher aus dem Weltraum, von dem die Thai-Mythologie zu berichten weiß.
 
„In den Sagen der Thai begegnen wir immer wieder seltsamen Berichten, die sich ohne besondere phantastische Begabung deuten lassen. In diesen Berichten erfahren wir von einem großen ‚Ei’, das vor Zeiten während eines Gewitters in das Haus der Familie Ch'en fiel. Dieses Ei enthielt einen Passagier- ein Kind der Himmelsbewohner wie die Sage behauptet. Der kleine Gast wurde von der Familie Ch'en bewirtet und später aufgezogen. Seither gelten die Mitglieder dieser Familie als legitime Nachkommen des Donnergottes“ [9]
 
Es ist nun einmal eine Tatsache, dass die Herkunft der Thai im Dunkel der Zeit verborgen liegt. In ihren Überlieferungen finden sich keine Hinweise dazu. Sie tauchen offenbar „urplötzlich“ im Süden Chinas auf und bevölkerten von dort aus Hinterindien, insbesondere Myanmar, das frühere Burma (Birma), wo die Volksgruppe der Schan aus den Thai-Völkern im Nordosten das Reich der Wasserreis-Bauern gründete. Dies geschah im 6. Jahrhundert n. Chr. Das Reich bestand bis zum Jahre 1604. [10]
 
Andere Thai-Gruppen stießen bis ins Gebiet des heutigen Thailand vor, wo sie erste kleinere Königreiche und später das erste große Königreich Thailands unter dem Namen Siam gründeten. Gebiete des heutigen Thailands werden aber auch von der Thai-Gruppe der Lao besiedelt – vor allem die grenznahen Provinzen zu Laos, wo der Hauptteil der Lao siedelte.
 
Die rätselhafte Vergangenheit und die unbekannte Herkunft dieses Volkes geben Berechtigung zu Spekulationen. Die Zeit des Auftauchens gehört in jene Zeitepoche, die wir nur aus Sagen und Legenden kennen. Interpretieren wir diese mit unserem heutigen Wissen, so kommen wir zwangsläufig zu solchen Spekulationen, wie es Däniken, Krassa, Sachmann und Kohlenberg machten. Solche Hypothesen sind erlaubt, doch ob sie sich letzten Endes als Wahrheit herausstellen können, bleibt vielleicht bis in alle Zukunft ungewiss.
 
„Götterkrieg“ in grauer Vorzeit?
 
In vielen Legenden, Sagen, Überlieferungen und Mythologien (fast) aller Völker der Erde finden sich Hinweise auf große Streitigkeiten, bis hin zu großen (vielleicht sogar globalen) Kriegen, welche die „Götter“ untereinander führten. Hierzu sei besonders das Buch „In Schutt und Asche“ [11] von Hans-Werner Sachmann erwähnt, der erstmals eine umfassende Beschreibung der dabei offenbar benutzten Waffen und Techniken zusammenstellte. Für uns interessant ist auch, dass die Thai ebenso über solche „Schlachten“ im, am und unter dem Himmel berichten, wie die Legenden der südamerikanischen Kulturen oder die Überlieferungen der nordischen Edda. Wollen wir hierzu Sachmann in einigen Punkten zitieren:
 
„Es gibt im Mahabharata (einem altindischen Epos) immer wieder Aussagen, die zweifelsohne auf einen atomaren Vernichtungskrieg deuten. ... Sogar die Ereignisse nach einem derartigen grausamen Geschehen, z. B. das Einsetzen den radioaktiven Staubregens, sind an nicht wenigen Stellen ... geschildert ... Zum Staubregen gibt es übrigens eine interessante Ergänzung in der Sagenwelt der Thai, einem Volk, dessen genaue Herkunft bis heute niemand zu sagen vermag. Es geht darin um die doppelköpfige Himmelsschlange Tien-she: Die Himmelsschlange verfinsterte den Himmel; dort, wo sie ihre Bahn zog, wurde den Menschen unter ihr das Atmen fast unmöglich. Ständig rieselte von ihrer Hülle weißer Staub zur Erde, führte nicht nur zu Atembeschwerden, sondern verursachte auch einen unheilbaren Ausschlag, der die Kräfte der Menschen verzehrte, bis sie elendiglich dahinstarben. Der weiße Staub der Tien-she erstickte aber auch alle Pflanzen und kleinen Tiere." [12]
 
In seinem Buch berichtet Sachmann von insgesamt 97 Waffenarten, die bei den Götterkriegen in der Mythologie benutzt wurden. Neben Hinweisen aus der Thai-Mythologie, die ihm die Berechtigung gaben, zu spekulieren, dass die Thai Erinnerungen an Atombombeneinsätze in der Vorzeit hatten, gibt es noch drei erwähnenswerte Hinweise auf modernste Waffentechnik, von denen die Thai-Überlieferungen berichten. Da sind z.B. die „Diamantspeere“, deren Auswirkungen – modern interpretiert – an Raketenwaffen erinnern.
 
Die Thai-Legenden berichten, dass die Diamantspeere merkwürdige Brände verursachten, die nicht durch „gewöhnliche Feuer“ verursacht wurden. An anderer Stelle heißt es zu einem Kampfgeschehen, dass der König seinen „Sonne-Mond-Pfeil Djanthratit“ hoch schoss, um das Geschehen auf dem Schlachtfeld zu erleuchten. Sachmann stellt dazu die Frage: „Leuchtkugeln in der Vorzeit?“ [13]
 
Selbst auf so moderne Waffensysteme wie den Laser, dessen Entwicklung auch heute noch erst in den Kinderschuhen steckt, gibt es in den Thai-Überlieferungen Hinweise; zumindest lassen sich mit einiger Phantasie Textstellen so deuten:
 
„Da beschließt Phra Isuan, seinen Gegner mit seiner furchtbarsten Waffe zu töten. Er öffnet sein in der Stirn verborgenes drittes Auge. Ein Feuerstrahl schießt aus seinem Blick hervor und trifft den Dämon und vernichtet ihn ... Nur wenige können den Funken und Flammen entkommen. Das Feuer verzehrt die ganze Stadt.“ [14]
 
Etwas unsichtbar zu machen – dies ist seit je her der Traum der Menschheit. Der aus Russland stammende und inzwischen verstorbene Wissenschaftler, Sachbuchautor und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Jacques Bergier, war überzeugt, dass dies zumindest in beschränktem Maße technisch möglich ist. [15] Viele Mythologien berichten jedoch, dass solche Praktiken in tiefer Vergangenheit fast schon zur Tagesordnung gehörten. Eine der bekanntesten Überlieferungen ist die Tarnkappe.
 
Unter dem Begriff „Wunderschirm“ schreibt Sachmann: „In der bunten und vielfältigen Thai-Mythologie ist unter anderem die Rede davon, dass ein gewisser Thotsanken einen so genannten Wunderschirm herbeischleppt, um Longka vor seinen Feinden zu verbergen: ‚Wenn er ihn aufpflanzt, können wir nicht mehr nach Longka hineinsehen, sondern nur er kann noch herausschauen…’“ [16]
 
Mir liegen ernsthafte Hinweise dafür vor, dass man in Thailand noch heute eine Methode kennt, um eine Tarnkappe herzustellen. Diese Technik umgibt zweifelsfrei ein Hauch des Mystischen. Das, was ich bisher zu diesem Thema recherchiert habe, ist jedoch Gegenstand eines anderen Berichtes.
 
Von fliegenden Stupas
 
Ein besonders schönes, und jedermann zugängliches Bilddokument über die mythologischen Götterkriege in Thailand sowie die Fluggeräte der Götter, die „fliegenden Stupas“, befindet sich in der Gemäldegalerie des Wat Phra Keo im Königspalast von Bangkok, die sich rund um das Tempelgelände zieht. Jeder kann sich hier von der thailändischen Mythologie, den Götterschlachten und den Fluggeräten der Himmlischen in Bann ziehen lassen. Zum besseren Verständnis sollte hier vielleicht der Begriff „Stupa“ kurz erläutert werden, da er in Thailand weniger gebräuchlich und in vielen Büchern und Reiseführern dieses südostasiatischen Landes nicht zu finden ist.
 
Bei einer Stupa handelt es sich um turmartige Bauten, wie sie recht häufig auch auf Tempelgebäuden in ganz Südostasien zu finden sind. In diesem Zusammenhang werden sie in diesem Abschnitt abgehandelt. Stupas kommen aber auch als Einzelbauwerke vor. Thailändische Formen der Stupas sind die Chedis und die Prangs; wobei die Chedis die eigentliche Form der Stupas widerspiegeln.
 
Streifen wir also durch die Gemäldegalerie des Königspalastes. Hier ist die ganze - überwiegend mythologische - Geschichte des alten Siam aufgezeichnet. Zahlreiche Götterschlachten, bei denen mythologische Mischwesen und himmlische Mächte eine große, nicht zu übersehende Rolle spielen, sind an den Wänden dokumentiert und nehmen einen Großteil der Darstellungen ein. Viele dieser Wesen fliegen mit seltsamen Wagen durch die Lüfte, von denen sie Verderben bringende Waffen einsetzen, die in ihrer Wirkung oft Blitzen gleichsehen. Handelt es sich hier vielleicht um eine Art Laserwaffe der Vorzeit, die die Götter vom Himmel - von den Sternen - mitbrachten? Wer weiß? Einige Verfechter der prä-astronautischen Hypothese sind davon überzeugt.
 
Die beeindruckende Szene ist allerdings die, wo eine Stupa von einem tempelartigen Gebäude - wie von einer Startrampe auf dem Kennedy Space Center in Florida - abhebt und im Himmel verschwindet. Sehen wir in der letzten Szenerie vorher noch das „vollständige“, kreuzförmig angelegte Tempelgebäude mitsamt der Stupa in der Mitte, so zeigt die nächste Abbildung bereits die abgehobene, durchaus an eine Rakete erinnernde und im Himmel verschwindende Stupa, die an ihrer ehemaligen Position in der Mitte der kreuzförmig zusammenlaufenden Tempeldächer eine nicht zu übersehende Leere zurücklässt. Jeder kann hier einwandfrei feststellen: Es fehlt etwas!
 
 
Abb. links: Das noch vollständige Tempelgebäude. Foto: © Axel Ertelt 
Abb. Mitte: Die Stupa hat abgehoben und fliegt fort. Foto: © Wilfried Briegel 
Abb, rechts: Das Tempelgebäude mit der fehlenden Stupa. Foto: © Axel Ertelt 
  
Die Mythologie der Thais basiert zu einem Großteil auf der indischen und ist somit hauptsächlich vom Hinduismus geprägt. Danach ist das All erfüllt von Leben und außer Menschen und Tieren leben dort „Geister, Elfen und Nymphen (Apsaras), Dämonen (Asuras), Schutzgeister (Yakshahas) und Halbgötter“. [17]
 
Meru - Sitz der Götter
 
An oberster Stelle des vom Leben erfüllten Alls stehen die Götter, von denen allein 33 auf dem mythischen Berg Meru leben. Er wird als das Zentrum des Kosmos angesehen und gilt als der heiligste Sitz der Götter. Bekrönt wird er vom prunkvollen Schloss des Himmelsgottes Indra. Der ist an seiner grünen Hautfarbe und dem reichlichen Goldschmuck, den er trägt, erkennbar. Meru erhebt sich in der Mitte der scheibenförmigen Welt.
 
Auch dieser Teil des „Ramakien“ lässt sich im „prä-astronautischen Sinn“ leicht deuten, ohne die Phantasie dabei übermäßig zu belasten. So könnte der mythologische Berg Meru ein Planet sein, der in der Mitte unserer Galaxie, der „Milchstraße“, (= „scheibenförmige Welt“) seine Bahnen zieht. Auch die grüne Hautfarbe Indras erinnert an die modernen UFO-Legenden der „kleinen grünen Männchen“ aus dem Weltraum. Allerdings war Indra nicht gerade klein gebaut und die meisten modernen „UFO-Kontaktler“ berichten von einer grauen Hautfarbe der angeblich Außerirdischen.
 
Der Manohra-Tanz
 
Ebenfalls ein aus der indischen in die Thai-Mythologie übernommenes, himmlisches Wesen - ein Mischwesen, (im Oberkörper) halb Mensch und (im Unterkörper) halb Vogel - ist Manohra. Sie ist eine Kinnari. Es handelt sich dabei um Fabelwesen, die meist perfekte Musikanten waren und seit jeher von den thailändischen Künstlern sehr anmutig abgebildet wurden. Kinnari ist dabei die weibliche Version und die männliche heißt Kinnara. Ihre Heimat sind die Hänge des Götterberges Kailas, auf dem der Gott Shiva thront. Dieser ist nach der indischen und thailändischen Mythologie der Allmächtige - der Schöpfer des Universums und aller Lebewesen.
 
Manohra war eine der Kinnari und ist besonders in die Thai-Mythologie eingegangen. Ihre Geschichte wird heute noch häufig bei Festen mit einem weit über Thailands Grenzen hinaus bekannten Tanz aufgeführt: dem Manohra-Tanz. Er erzählt die Geschichte der himmlischen Kinnari Manohra. Als Prinz Suthon sie eines Tages sah, verliebte er sich in sie. Der Wahrsager des Königshofes wusste, dass sie kein irdisches Wesen war und prophezeite dem König, dass sie Unglück bringen werde. Während Prinz Suthon auf der Jagd war, ließ der König Manohra von einem Jäger unter Mithilfe einer Naga (eine mythologische Schlange) gefangen nehmen. Sie sollte sterben. Bei der vorgesehenen Verbrennung bat Manohra um einen letzten Tanz. Sie legte dabei ihr Federkleid wieder an. Da niemand im Königshof wusste, was es damit wirklich auf sich hatte, wurde es ihr gestattet. Manohra tanzte ganz anmutig und flog am Ende ihres Tanzes in den Himmel. Als Prinz Suthon in seinen Palast zurückkehrte, war Manohra bereits weggeflogen. Der Prinz begab sich auf eine lange Reise, um sie zurückzuholen, was ihm am Ende auch gelang.
 
Der Ursprung dieser Legende stammt aus dem Indien des 3. Jahrhunderts. Doch auch die Mythologien anderer Völker sind mit ähnlichen Sagen bereichert, und so kann man solche „Vogel-“ oder auch „Schwanjungfrauen“ genannt, in vielen Kulturen von Japan über Persien bis nach Skandinavien, fast auf der ganzen Welt finden.
 
Steckt hinter dem ganzen Thema also doch mehr, als nur „mythologischer Unsinn“? Kamen die Götter einst doch von den Sternen? Waren es doch „nur“ Außerirdische aus Fleisch und Blut, genau wie wir, die uns einst, in grauer Vorzeit, besuchten? 
 
Quellennachweise
 
[1] „Knaurs Lexikon“ in 20 Bänden, Bd. 17, Ausgabe für den deutschen Bücherbund Stuttgart, Lexikographisches Institut München 1976, S. 5942
[2] Kohlenberg, Karl E.: „Enträtselte Vorzeit“; Albert Langen - Georg Müller Verlags GmbH, München 1970, 4. Auflage 1974, S. 34
[3] Krassa, Peter: „Als die gelben Götter kamen“; Bardtenschlager Verlag GmbH, München 1973, S. 121
[4] Krassa, Peter: „...und kamen auf feurigen Drachen“; Verlag Kremayr & Scheriau. Wien 1984. S. 46ff
[5] Sachmann, Hans-Werner: „In Schutt und Asche“; Metzmaier-Verlag, Baden Baden 1989, S. 35f, 77f, 89, 133
[6] Dopatka, Ulrich: „Lexikon der Prä-Astronautik“; Econ-Verlag GmbH, Düsseldorf u. Wien 1979, 1. Auflage, S. 368
[7] Krassa, Peter: (s. 4) S. 46ff
[8] Dopatka, Ulrich: (s. 6) S. 368
[9] Krassa, Peter: (s. 4) S. 46ff
[10] „Knaurs Lexikon“ (vgl. 1), Bd. 16, S. 5286
[11] Sachmann, Hans-Werner: (s. 5) S. 35f, 77f, 89, 133
[12] Sachmann, Hans-Werner: (s. 5) S. 35f, 77f, 89, 133
[13] Sachmann, Hans-Werner: (s. 5) S. 35f, 77f, 89, 133
[14] Sachmann, Hans-Werner: (s. 5) S. 35f, 77f, 89, 133
[15] Bergier, Jaques: „Vorstoß an die Grenzen des Möglichen“; Albert Müller Verlag AG, Rüschlikon-Zürich 1972, S. 171ff
[16] Sachmann, Hans-Werner(s. 5) S. 35f, 77f, 89, 133
[17] Quack, Ulrich: „Reise-Handbuch Thailand“; Reisebuchverlag Iwanowski, Dormagen 1992/93, 1. Aufl. (S. 65) 
 

 
Die rätselhaften Feuerbälle aus dem Mekong
Von © Axel Ertelt
Mit einem Gastbeitrag von © Wilfried Heil
 
Jedes Jahr, pünktlich zum Ende der buddhistischen Fastenzeit, gibt es in Nord-Thailand und Laos ein besonderes Phänomen zu beobachten, das bis heute rätselhaft, mysteriös und geradezu unheimlich ist: das Naga-Phänomen, wie es die Thais nennen. 
 
Jeder, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, und das sind von Jahr zu Jahr immer mehr Schaulustige, die sich dieses Phänomen nicht entgehen lassen wollen, kann sie beobachten, diese mysteriösen „Feuerbälle“, die aus den Fluten des Mekong aufsteigen. Auch im Jahr 2003 konnten es wieder Tausende beobachten. Der 50jährige Niphon Chanyawat aus Sukhothai sagte dazu: „Ich habe schon viel über dieses Phänomen gehört und weiß, dass man darüber streitet ob die Feuerbälle von Menschenhand geschaffen werden oder das Werk der Natur sind.“ 
 
Niphon Chanyawat gehörte zu den Augenzeugen des Phänomens. Gegen 18.00 Uhr am entsprechenden Tag, einem Freitag im Oktober 2003, begannen die ersten der mysteriösen Feuerbälle aus dem Mekong-Fluss aufzusteigen. „Nun weiß ich, dass es sie wirklich gibt. Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen", sagte Niphon Chanyawat. 
 
Viele andere Augenzeugen sprachen von sehr aufregenden Beobachtungen. Die Feuerbälle ließen die extra angereisten Zuschauer und Touristen nicht lange warten. Das alljährlich wiederkehrende Ereignis besteht darin, dass am Abend des Vollmondes im elften Monat des Mondkalenders, an dem das Ende der buddhistischen Fastenzeit gefeiert wird, unerklärliche Feuerbälle aus dem Wasser des Mekong aufsteigen. Dieses Phänomen kann man in mehreren Bezirken von Nong Khai in Nord-Thailand und auch im benachbarten Laos beobachten. Der Mekong bildet hier eine natürliche Grenze zwischen beiden Ländern. 
 
Im Zeitraum zwischen 18.00 Uhr und 20.00 Uhr wurden 2003 bereits 171 dieser Feuerbälle gezählt, die meisten davon in den Bezirken Phon Phisai und Ratana Wapi. Das Interesse an diesem Schauspiel war enorm. Alle 1.500 Hotel- und Gästehauszimmer in Nong Khai und 2.700 Gästezimmer in der benachbarten Provinz Udon Thani waren ausgebucht. 
 
Auch aus den thailändischen Nachbarprovinzen gab es ähnliche Beobachtungen, so aus der Provinz Nong Bua Lam Phu. Die Siedler von Ban Pa Joh (vermutlich ist damit Ban Phrao gemeint) sagten, sie hätten die Feuerbälle in den letzten vier Jahren aus dem Teich ihrer Gemeinde aufsteigen sehen. Zuerst war ihnen gar nicht bewusst, dass sich bei ihnen das Gleiche abspielte wie das, was alljährlich Tausende von Touristen nach Nong Khai lockt. Der 53jährige Khamkong Prompollamuang ist einer der Bewohner von Ban Pa Joh. Er will am 8. Oktober 2003 ganze 20 Feuerbälle beobachtet haben. Daraufhin kamen am nächsten Tag rund 2.000 Menschen in die Ortschaft, um die Feuerbälle ebenfalls zu sehen. Aber sie kamen nicht mehr. 
 
Die Feuerbälle scheinen an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Zeiten aufzutreten. Nach der Vielzahl der Berichte werden sie nicht nur über dem Mekong beobachtet, sondern auch über Seen und Teichen und wurden selbst über Reisfeldern schon gesehen. Auch von einem Stausee nördlich von Vientiane in Laos wird ihr Auftauchen berichtet.
 
Ein Augenzeuge, der am 7. Oktober 2006 in Phon Phisai solche Feuerbälle sah, meinte, dass man sie nicht mit Feuerwerksraketen, Leichtkugeln oder Leuchtspurmunition verwechseln könne: „Sie tauchen ebenso abrupt auf und steigen auch nicht brennend aus dem Wasser auf, sondern ‚zünden’ erst einige Meter darüber. Danach steigen sie jedoch mit hoher Geschwindigkeit und in ziemlich gerader Linie senkrecht nach oben, beschreiben also keinerlei ballistische Kurve und fallen auch nicht zur Erde zurück. Ihre Farbe fluoresziert zwischen rotorange bis grünlich. Sie sind etwa zehn Sekunden sehr gut sichtbar, steigen dabei bis in geschätzte 200m Höhe und verschwinden dann ebenso abrupt, wie sie aufgetaucht sind. Während ihres Fluges behalten sie ihre sphärische Form und ziehen keinerlei Funkenschweif o. ä. hinter sich her. Man sieht auch keinen Rauch und ihr Flug ist völlig lautlos.“ (Jörg Overbeck
 
Obwohl sich Wissenschaftler immer wieder mit diesem Phänomen auseinandergesetzt haben, gibt es bis heute keine wissenschaftliche Erklärung dafür. Ausgeschlossen scheint eine Manipulation durch Menschenhand. Man tendiert auf eine natürliche Ursache. Aber niemand weiß, wie und warum es funktioniert und vor allem, warum die Erscheinung ausgerechnet immer wieder zu diesem Zeitpunkt auftritt – und das bereits seit vielen Jahren. „Die Existenz der Feuerbälle ist schon seit Generationen überliefert. In der kollektiven Erinnerung der Einheimischen gibt es praktisch keine Zeit, ohne Feuerbälle.“ (Jörg Overbeck
 
Die Feuerbälle sind rot, hellrot bis rosa, orangefarben und werden in selteneren Fällen auch schon mal als grün beschrieben. Nach der Überzeugung der einheimischen Landbevölkerung lebt im Mekong-Fluss im Gebiet um Nong Khai noch eine Naga – eines jener mythologischen Schlangenwesen, von denen die Thai-Mythologie berichtet. Diese Naga-Schlange wird von den geistergläubigen Einheimischen für das Phänomen verantwortlich gemacht. Sie soll nämlich, ähnlich wie es die Drachen aus unserer Mythologie getan haben sollen, Feuer spucken, das dann in Form dieser „Naga-Bälle“ aus dem Wasser aufsteigt. 
 
Es gibt mehrere Legenden um die Naga-Schlange. Eine berichtet von einem Fischer, der während der Fastenzeit im Mekong fischte und damit den König der Nagas in seiner Meditation störte. Daraufhin verbot der Naga-König den Fischfang in der heiligen Zeit des Fastens. Die Menschen sollten stattdessen meditieren. Und er befahl seinen Untertanen schließlich zur Belohnung für die Menschen am Ende der Regenzeit ein großes Fest zu veranstalten, dessen Krönung die Mekong-Feuerbälle sind.
 
Die Nagas leben der Legende nach schon seit Urzeiten in den Fluten des Mekong und bestimmten seit jeher das Leben der einfachen Menschen am Fluss. In der buddhistischen Legende wacht eine Naga über dem meditierenden Buddha. Als Buddha einmal seine verstorbene Mutter im Himmel besuchte um ihr das Dharma zu erklären und nach drei Monaten, gerade rechtzeitig zum Ende der Fastenzeit, auf die Erde zurückkehrte, waren die Nagas gerührt von seinen Bemühungen um die Mutter. Um dies gebührend zu feiern spien sie Feuer, das dann aus den Fluten des Mekong aufstieg.
 
Gerade in der Mekong-Region ist der Glaube an die Naga-Schlange auch heute noch fest verankert. Es vergeht kein Jahr, in dem es nicht Berichte über das Auftauchen einer Naga gibt. Und wie fest auch heute noch an die mythologische Naga-Schlange in Thailand geglaubt wird zeigt eine authentische Begebenheit vom 20. Juli 2010. Am Morgen dieses Tages verständigte ein Angestellter des Einkaufscenters Big C in Pattaya seine Vorgesetzten über eine seltsame Naga-Spur im Kaufhaus, die er neben einem Schrein auf der Veranda im 2. Stock des Einkaufszentrums gefunden hatte.
 
Die Spur musste über Nacht entstanden sein, da sie am Abend zuvor noch nicht zu sehen gewesen war. Man hielt sie für den Abdruck einer Naga-Schlage weil auch der Abdruck ein,er Klaue deutlich erkennbar war. Es gelang den Angestellten nicht die Spur zu entfernen. Die Überwachungskamera für diesen Bereich, die noch am Tag zuvor einwandfrei funktioniert hatte, war aus unbekannten Gründen in der Nacht ausgefallen.
 
Zufall? Nur wenige Tage nach dem Auftauchen begann die buddhistische Fastenzeit. So glaubten die Kaufhausangestellten schließlich, dass die Naga-Schlange zum Schrein gekommen war um Buddha zu huldigen. Und in einer Legende heißt es ja auch, dass die Nagas aus dem Bauch der Erde kommen um hier als Mönch ordiniert zu werden und die Lehren Buddhas zu studieren (Quelle: Pattaya Blatt Nr. 30/2010).
 
Einige Wissenschaftler sind der Ansicht, dass hier im Flussbett des Mekong natürliche Gasvorkommen existieren, die durch die Anziehungskraft des Mondes Gasblasen an die Oberfläche des Wassers steigen lassen, die sich dabei entzünden. Auf die Frage, warum dies nur einmal im Jahr und dann ausgerechnet immer wieder in der Vollmondnacht zum Ende der buddhistischen Fastenzeit geschieht, hatten sie jedoch auch keine Antwort parat. 
 
Wie die deutschsprachige, in Thailand ansässige „TIP-Zeitung“ am 10. Oktober 2003 berichtete, wollten 20 Wissenschaftler der Mahidol Universität bereits im Frühjahr dem Phänomen auf den Grund gehen. Bereits im Februar 2003 hatten sie vor Ort Proben der Erde, des Wassers und eines in geringem Maße tatsächlich vorhandenen Gases genommen. Doch auch diese Untersuchungen verliefen ergebnislos und brachten nicht die gewünschten Resultate. Auch der TV-Sender „Discovery Channel" hat sich bereits mit den Feuerbällen beschäftigt und mehrmals wissenschaftliche Teams vor Ort geschickt. Doch auch sie konnten das Rätsel nicht lösen.
 
Im Jahr 2002 hat auch das thailändische Umweltministerium eine Studie über die Feuerbälle initiiert. Leiter des Projektes war Saksit Tridech, zuletzt Staatssekretär im thailändischen Umweltministerium, der im September 2010 bei einem Helikopterabsturz ums Leben kam. Leider brachte auch diese Studie keine Erklärung für das Phänomen der Naga-Feuerbälle.
 
Bereits im Dezember 2002 meldete sich ein Benjamin Creme zu Wort. Dabei handelt es sich um einen Anhänger der UFOlogie, der behauptete dieses Naga-Feuerball-Phänomen würde von den „Raumbrüdern“ manifestiert. Mit diesen „Raumbrüdern“ meinte er außerirdische Wesen, die in UFOs zur Erde kämen. 
 
Solche absurden Äußerungen riefen auch deutsche Amateur-UFO-Forscher auf den Plan, die sich genötigt sahen ebenfalls auf das „Naga-Feuerball-Phänomen“ einzugehen und dieses sogar von zu Hause, vom Schreibtisch aus, gelöst haben wollen – was thailändischen Wissenschaftlern, Militärs und Regierungsbeamten vor Ort nicht gelang. 
 
Allen voran äußerte sich dazu auch der in der deutschen UFO-Szene bekannte Werner Walter aus Mannheim. Walter behauptete dann wider besseres Wissen zum „Naga-Phänomen“: „Jährliches Miniatur-Heißluftballon-Festival zieht die Massen an“. (CENAP News, 24.10.2002 und CENAP Newsflash Nr. 2, August 2003) In seiner knapp eine Seite umfassenden „Erklärung“ der „Naga-Feuerbälle“ schreibt er, dass es sich bei diesem Phänomen um nichts anderes handele als um Mini-Heißluftballone aus „Reispapier“, die die Bevölkerung aus reinem Kommerz aufsteigen lassen würde. 
 
Das ist natürlich ebenso ein blanker Unsinn wie die Behauptung von Benjamin Creme, dass dafür außerirdische „Raumbrüder“ verantwortlich seien. Beide „Erklärungen“ sind nicht ernst zu nehmen und können nur von jemandem „verzapft“ worden sein, der die örtlichen Begebenheiten nicht kennt und einfach nicht akzeptieren kann, dass selbst die Wissenschaft hier vor einem ihrer größten Rätsel steht, das bis heute ungelöst ist – trotz aller Versuche diverser Laienforscher und anderer „Experten“. 
 
Bei seinem missglückten Erklärungsversuch verschweigt Werner Walter (bewusst oder unbewusst), dass die Naga-Feuerbälle aus dem Wasser (den Fluten des Mekong) heraus aufsteigen - und zwar von unterhalb der Wasseroberfläche. Dies bitte schön soll er einmal mit seinem Lieblingsobjekt, einem Mini-Heißluftballon (bzw. einer Himmelslaterne, wie diese aus Thailand stammenden Objekte genannt werden) öffentlich vorführen. Doch das wird wohl nicht möglich sein. Zudem entstand das Fest erst viel später. Zuerst war das Phänomen da.
 
In einem hat Werner Walter jedoch Recht. Heute wird in der Zeit, in der diese Feuerbälle auftauchen, ganz offiziell ein lokales Fest veranstaltet – das „Bang Fai Phaya Nark“ – bei dem tatsächlich angesichts des Besucherandranges die Geschäfte ganz gut laufen. Dies zumindest im Gastronomie- und Hotelbereich. 
 
An den offiziellen Veranstaltungen zu diesem Fest ist in der Regel auch die TAT, die Tourism Authority of Thailand, beteiligt. 2002 veranstaltete die TAT eine Woche lang das „Sattabucha Nakahaengkong“ um der heiligen Naga-Schlange im Mekong Respekt zu zollen. Dabei wurde ein Bildnis Buddhas aufgestellt und es fand der „Umzug der großen Schlange“ statt, bei dem viele Flaggen, Blumen und Krathongs zum Einsatz kamen. Auch eine „Buang-Suang-Zeremonie“ fand dabei zu Ehren der Naga statt. Das führte schon zu der Spekulation, dass die TAT dahinterstecke: „Einige vermuteten gar die Tourism Authority of Thailand (TAT) als Urheber des Phänomens.“ (Jörg Overbeck) 
 
Schlussendlich wurde auch schon die laotische Armee für das Phänomen verantwortlich gemacht und verdächtigt, indem man behauptete die Feuerbälle wären von der Armee abgeschossene Leuchtraketen. So im Jahr 2002 in einem Bericht des TV-Senders „iTV" geschehen. Dies wurde jedoch aus Laos offiziell und bestimmt dementiert und man sagte von laotischer Seite, dass es sich um ein Naturphänomen handele, dessen genaue Ursache man aber auch nicht kenne. 
 
Inzwischen wurden die Naga-Feuerbälle aus dem Mekong auch Vorlage für diverse Songs und Filme. Der bekannteste ist der Film „Mekhong Full Moon Party“, eine Tragikomödie, die unter der Regie von Jira Maligool im Jahre 2002 gedreht wurde. In dem Film geht es um eine Gruppe Mönche, die unter der Leitung von Luang Por Loh (gespielt von Noppadol Duangporn) chemische Wundercocktails brauen, die dann von dem jungen Kan (Anuchit Sapanpong) auf dem Grund des Mekong-Flusses deponiert werden, wo sie dann später explodieren und als Feuerbälle aus dem Wasser aufsteigen. Doch dann zweifelt Kan plötzlich am Sinn dieser Aktion und will die Welt nicht länger mehr betrügen... 
 
Naga-Fireball-Song (engl.) bei YouTube

 
Amateur-Video Naga-Fireball aus 2008 bei YouTube

 
Auch am 23. Oktober 2010 war es wieder soweit. Der Tag der Naga-Feuerbälle am Mekong war gekommen. Doch wo noch vor wenigen Jahren Hunderte der Feuerbälle emporstiegen wurden die unzähligen Zuschauer in diesem Jahr enttäuscht. Es scheint so, als würden es von Jahr zu Jahr weniger dieser geheimnisvollen Erscheinungen. Scheuen die Nagas die Menschenmassen und das Spektakel darum herum?
 
Wilfried Heil hatte die Gelegenheit in diesem Jahr vor Ort zu sein – und das Glück auch welche zu sehen. Hier sein Bericht über die Mekong-Feuerbälle im Jahr 2010:
 
Im Oktober 2010 hatte ich Gelegenheit, mit meiner Freundin bei Rattana Wapi/Nordthailand die Mekong-Feuerbälle zu beobachten. Wir hatten Glück und bekamen dort am 23.10.2010 ca. 40 – 50 Feuerbälle und am 24.10.2010 noch einmal 10 Kugeln zu sehen. Hier also ein kurzer Bericht:
 
Um 17.30 Uhr versank die Sonne hinter einem Wald auf der Laos-Seite des Mekong, eine halbe Stunde später war es dunkel. Die erste Feuerkugel erschien um 18.20 Uhr, etwa 200 m von uns entfernt über der Wasseroberfläche. Sie war rötlich-lila und flog nahezu senkrecht nach oben, begleitet vom Jubel der vielen Beobachter, von denen die meisten schon seit Stunden dort gewartet hatten. Etwa eine Viertelstunde später flogen von einer anderen Stelle acht weitere Kugeln kurz nacheinander in Richtung auf die tiefhängende Wolkendecke, mit leicht schrägen und jeweils etwas unterschiedlichen Flugbahnen.
 
Während des Abends wurde reichlich Feuerwerk abgebrannt, einige Raketen und viele Heißluftballons gestartet. Diese waren alle leicht von den Feuerbällen zu unterscheiden, die ein völlig anderes Aussehen und ein anderes Flugverhalten hatten. Die Raketen zogen einen Feuerschweif hinter sich her und fielen nach einer ballistischen Bahn zurück zum Wasser, während die Feuerkugeln lautlos durch die Atmosphäre flogen und im höchsten Punkt verschwanden.
 
Bis 21.30 Uhr konnten wir etwa 50 Feuerbälle beobachten, die oft in Gruppen zu mehreren kurz nacheinander erschienen. Obwohl wir noch bis Mitternacht warteten, traten danach keine weiteren Kugeln mehr auf.
 
Die Feuerbälle verhielten sich anders als von mir erwartet, sie sind sehr klein (5 – 10 cm max.) und sehr schnell. Innerhalb von 3 – 4 Sekunden steigen sie auf 200 – 300 m Höhe und verlöschen dann wieder. Sie beginnen nicht sofort über dem Wasser zu leuchten, sondern erst ab einer Höhe von 10 – 20 m. Meistens erscheinen mehrere nacheinander vom selben Ort über dem Wasser, dann wieder von einer anderen Stelle. Die Farbe war meist dunkelrot, wie bei einer Leuchtkugel, aber nicht so hell. Andere sahen eher lila aus und hatten einen gelben Kern. Sie sind also nicht alle gleich. Wir sind uns auch nicht sicher, ob die Thais oder Laoten hier nicht in manchen Fällen nachgeholfen haben.
 
Die Wetterlage war gewitterig, sehr schwül und feucht. Sofort nach Sonnenuntergang zog Dunst auf. Die Gegend um Rattana Wapi ist sehr dunkel, also gut geeignet für solche Beobachtungen.
 
Im Fernglas sehen die Bälle unscharf aus, wie ein zerfließender Pudding oder eine Amöbe, die sich in alle Richtungen gleichzeitig bewegt. Ich dachte erst, das Fernglas sei defekt oder falsch fokussiert, etwa ähnlich weit entfernte Lichter waren jedoch scharf zu sehen. Einige Feuerbälle konnten wir fotografieren, man sieht aber auch nicht mehr als einen roten Klecks von wenigen Pixeln Größe.
 
Ich kann über die Echtheit nur spekulieren, da ich nicht weiß, wie die echten Feuerbälle aussehen. Möglicherweise waren sie auch alle echt, denn an anderen Orten, wo man sie dringend gebraucht hätte, waren diesmal fast gar keine zu sehen.
 
In Phon Phisai, wo die meisten Besucher hinfahren und wo aus diesem Anlass ein mehrtägiges großes Fest veranstaltet wird, wurden dieses Jahr nur 4 Kugeln gesehen und im letzten Jahr nur zwei. So wie es aussieht, werden die Feuerbälle von Jahr zu Jahr weniger und Rattana Wapi ist noch ein geeigneter Beobachtungsort.
 
Auch über Teichen und Feldern sollen Feuerbälle erscheinen, es konnte uns aber niemand sagen, wo genau. Das sei eher unsicher und vom Zufall abhängig, mal hier und mal dort. Woraus die Feuerbälle bestehen und warum sie gerade an diesem Fleck der Welt zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt auftreten, ist nach wie vor ein Mysterium.
 
Wilfried Heil (09.11.2010, letzte Änderung am 11.11.2010)
 
Bei diesem Artikel handelt es sich um eine überarbeitete und ergänzte Fassung. 
Bisherige Veröffentlichungen des ursprünglichen Artikels: 
Siam-Journal (Printausgabe) Nr. 46 (2003) -vergriffen/Erscheinen eingestellt- 
Siam-Journal (Onlineausgabe bei Thailife) Nr. 46 (2003) -nicht mehr verfügbar- [1] 
Journal für UFO-Forschung (Printausgabe) Nr. 151 (1/2004), GEP e.V. 
 
Letzte Aktualisierung dieses Artikels: 31.01.2022
 
[1] Der Artikel diente Norbert Hagemann als Information und Grundlage für seine Story „Nagaland"  (06.12.2004).
 

 
Der Traum unsichtbar zu sein
Die Tarnkappe - ist sie in Thailand Realität?
Von © Axel Ertelt
 
Aus zahlreichen Legenden und Mythologien der Welt kennen wir sie: die Tarnkappe. Gab es sie wirklich? Gibt es sie vielleicht noch? Wird es sie einmal geben? Fragen, auf die es bis heute keine rationale und befriedigende Antwort gibt.
 
Etwas unsichtbar zu machen – dies ist seit jeher der Traum der Menschheit. Der aus Russland stammende Wissenschaftler, Sachbuchautor und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Jacques Bergier, war überzeugt, dass dies zumindest in beschränktem Maße technisch möglich ist. [1] Viele Mythologien berichten jedoch, dass solche Praktiken in tiefer Vergangenheit fast schon zur Tagesordnung gehörten. Eine der bekanntesten Überlieferungen ist die der Tarnkappe. Der Zwerg Laurin besaß eine Tarnkappe, die später Siegfried im Nibelungenlied trug. Und auch der germanische Gott Thor legte ein Schutzschild um sich, das ihn unsichtbar machte, als er mit Utgartloki kämpfte.
 
In England war es der Zauberer Merlin, der sich mittels magischer Kräfte unsichtbar machte, in Griechenland erhielt der Meeresgott Poseidon von seinen Söhnen, den Zyklopen, eine Tarnkappe und der Held Perseus besaß einen Hadeshelm, der ihn unsichtbar machen konnte und ursprünglich dem Totengott Hades gehört haben soll. Auch Äneas und seine Mannen, alle Helden der griechischen Mythologie, erhielten von der hellenischen Liebesgöttin Aphrodite ein Nebelgewand, das sie für die Blicke der ihnen nicht wohl gesonnenen Götter unsichtbar machte. Auch der berühmte griechische Schmied Hephaistos konstruierte unsichtbare, automatisch zuschnappende Fesseln, mit denen er seine Gemahlin Aphrodite und ihren Geliebten Ares ans Bett kettete.
 
In Irland besaß der berühmte und mächtige Zauberer Manannam mac Llyr (auch als Mac Lir bekannt) einen Mantel, der ihn unsichtbar werden lies. In Indien beschützte das Königspaar der Schlangen, Dharanendra und Patmavati, einen brahmanischen Weisen vor den Dämonen, indem sie ihm ihre unsichtbar machenden Kappen überließen. Ebenfalls in Indien warf der Gott Yama seinen Feinden unsichtbare Schlingen über die Köpfe und nach dem Tod Buddhas lebte dort der Mönch Sagata, der sich unsichtbar machen konnte, indem er einen durchsichtigen „Hautmantel“ anzog. Und im Tibet besaß der jüngste Paladin des tibetanischen Gottkönigs und Heroen Ge sar eine Tarnkappe.
 
So könnte man diese Liste noch um einige Seiten erweitern, was aber an dieser Stelle zweifellos zu weit führen würde. Erinnern wir uns auch an den „Wunderschirm“ von Thotsanken in der Thaimythologie, mit dem dieser gleich eine ganze Stadt unsichtbar werden lässt. (Vgl.:Sagenhafte Geschichten um das Volk rätselhafter Herkunft, Abschnitt: „Götterkrieg“ in grauer Vorzeit)
 
In den nördlichen Regionen Thailands erzählt man sich allen Ernstes eine merkwürdige Geschichte, wonach es einigen Personen tatsächlich möglich sein soll, sich für ihre Mitmenschen unsichtbar zu machen. Erstmals hörte ich durch Zufall von meiner Frau Thawee davon, die ursprünglich aus der Gegend von Korat (Nakhon Ratchasima) in Nord-Thailand stammt. Während ich mich mit meinem Freund Wilfried Stevens über das Thema Tarnkappe unterhielt, hörte sie aufmerksam zu. Schließlich bemerkte sie: „Das ist in Thailand kein Problem, dass sich jemand unsichtbar machen kann. Das gibt es dort öfter!“
 
Völlig überrascht von dieser Aussage schauten wir uns verdutzt an. Doch dann versuchten wir, von ihr mehr darüber zu erfahren. Aber außer der Tatsache, dass dazu die Haut einer „bestimmten“ Schlange notwendig sei, wusste sie nichts. „Mein Vater hat das aber selbst schon gesehen!“
 
Skepsis und Zweifel kamen in mir auf. Hatte meine Frau auch wirklich verstanden, um was es hier ging? Und hatte sie die Erzählungen ihres Vaters richtig interpretiert? War es vielleicht nur ein Märchen, das er einmal erzählt hatte? Es half nichts, mehr war zu diesem Zeitpunkt nicht herauszubekommen. Meine weiteren Recherchen zum Thema musste ich also auf die nächste Thailand-Reise verschieben, die ein halbes Jahr später stattfand.
 
An einem warmen Januarabend 1991 war es schließlich soweit. Wir saßen in einer gemütlichen Runde im Hause meiner Schwiegereltern in Tapsong beisammen. An diesem Abend herrschte die typische Atmosphäre, wie man sie in Thailand nur auf dem Lande, weit weg von hoch technisierter Industrie- und Touristenzivilisation, erleben kann. Nun war also endlich der Zeitpunkt gekommen, im Fall der „Schlangen-Tarnkappe“ Näheres in Erfahrung zu bringen. Gespannt warteten wir auf die Ausführungen, die uns mein Schwiegervater zu bieten hatte.
 
Wir, das waren unser Freund Wilfried Briegel, meine Frau Thawee und ich. Und dann fing mein Schwiegervater an zu erzählen: „Vor ungefähr 12 Jahren, genau erinnere ich mich nicht mehr an das Jahr, war ich in der Nähe von Korat mit vielen anderen Leuten bei einer Reisernte beschäftigt. Und da war auch jener Mann dabei, der diesen ‚Hut‘ besaß. Immer wenn er ihn aufsetzte, konnte er von den umstehenden Personen nicht mehr gesehen werden. Ich bin selbst mehrmals Zeuge dieser Demonstration geworden, und niemand hätte zu sagen vermocht, was der Mann gerade tat, als er unsichtbar war.“
 
Hatte ich erhofft, hier dem Geheimnis der Tarnkappe endgültig auf die Spur zu kommen und keine Mühe und Kosten gescheut, den geheimnisvollen Mann mit seiner merkwürdigen Tarnkappe aufzusuchen, um mich vom Sachverhalt selbst zu überzeugen, so musste ich erfahren, dass der Mann bereits seit ein paar Jahren tot war. Niemand wusste, was aus seinem „Hut“ geworden war. Und so hatte er offenbar den größten Teil seines Geheimnisses mit ins Grab genommen.
 
Doch so schnell gab ich mich nicht geschlagen und bohrte weiter, wollte alles ganz genau wissen und versuchte Näheres von meinem Schwiegervater zu erfahren. Er war schließlich der einzige, greifbare Augenzeuge. Viel kam dabei allerdings nicht mehr heraus. Gerade soviel, dass der „Hut“ aus der abgestoßenen Haut einer Netzpython bestanden habe. Eine solche zu finden entspricht einem wahren Glücksfall. Doch wem es gelingt, der hat die Macht sich unsichtbar zu machen – so jedenfalls erzählt man es sich in Thailand.
 
Um nun jedoch sinnlosem Massaker an wehrlosen Pythons vorzubeugen: Es hat keinen Zweck, Pythons zu jagen, um diesen dann „das Fell über die Ohren zu ziehen“. Das nützt nichts! Es muss die von der Schlange selbst abgestoßene Haut sein. Und dies funktioniert außerdem nicht in Gefangenschaft – so heißt es! Nur dann kann man wirklich das gewünschte Resultat erzielen, wenn man die weiteren Geheimnisse dazu kennt.
 
Was ist nun wirklich dran an dieser Geschichte? Ich habe keinen Grund, meinem Schwiegervater nicht zu glauben, nicht nur weil er den Wahrheitsgehalt beteuert, sondern weil solche Geschichten in den ländlichen Gegenden Nord-Thailands häufiger zu hören sind. Und die einheimische Bevölkerung nimmt sie durchweg ernst und als bare Münze.
 
Die ganze Geschichte mit der „Tarnkappe der Python“ erinnert mich an eine Begebenheit, die ich vor Jahren in einer Wochenzeitschrift [2] gelesen habe und die bei Chiang Mai, im Norden Thailands, stattgefunden haben soll. Während einer Reisernte, bei der Filmaufnahmen gemacht wurden, verschwand einer der Reisbauern von einem Augenblick zum anderen und wurde nicht mehr gesehen. Zufällig wurde das Verschwinden gefilmt, und die entsprechende Bildfolge in der Zeitschrift abgebildet. Während der Reisbauer auf dem einen Bild noch deutlich und scharf erkennbar war, ist er auf dem nächsten nur noch schemenhaft und undeutlich auszumachen. Das nächste Bild ist wieder ganz klar, doch der Reisbauer ist verschwunden. Leider konnte ich keine weiteren Angaben zu diesem Fall herausfinden, da der Artikel ohne Autoren- und Quellenangabe erschien, die Redaktion der Zeitschrift später gewechselt hat und inzwischen wurde sie sogar ganz eingestellt.
 
Zugegeben, auch dies klingt phantastisch, mehr nach Märchen als nach Tatsache. Und dennoch: In Thailand ist man felsenfest überzeugt davon, dass die Tarnkappe existiert. Was also steckt wirklich hinter diesen sonderbaren Schilderungen? Wunschdenken, Suggestion, der Glaube an ein altes Märchen? – Oder ist hier etwas gang und gebe, was wir uns in unserem rational gestalteten Leben einfach nicht vorzustellen vermögen und deshalb als Unsinn beiseite schieben?
 
Anfang des Jahres 1998 wurde auf dem Privatsender Pro 7 eine Dokumentation über die Geheimnisse unserer Welt und über die Zukunftsperspektiven der Menschheit ausgestrahlt. [3] Darin ging es in der ersten Folge auch um die „Tarnkappe“. Und diese scheint tatsächlich bereits in der Entwicklungsphase zu sein, denn es wurde schon eine Sensortechnik entwickelt, mit der der Hintergrund des Objektes aufgenommen und auf dessen Vorderseite reproduziert werden kann. Der Erfolg ist verblüffend und beim bewegungslosen Objekt bereits nahezu perfekt. – Das könnte uns phantastische Perspektiven für die Zukunft eröffnen.
 
Übrigens: Es gibt auch eine Thai-Vokabel für den Begriff „Tarnkappe“: muak hai tua. Das setzt sich zusammen aus den Begriffen „muak“ (= Hut) und „hai tua“ (= verschwinden/unsichtbar machen). Und wenn etwas unsichtbar ist, dann ist es „long hon“ oder „meng mai hen“, was beides „unsichtbar“ bedeutet.
 
[1] Bergier, Jacques: „Vorstoß an die Grenzen des Möglichen“; Albert Müller Verlag AG, Rüschlikon (Zürich) 1972, S. 171ff. 
[2] „Neue Weltschau“: „Ein Mann verschwand spurlos – Fernsehteam war Zeuge“; in: „Neue Weltschau“ Nr. 37/79, Pabel Verlag, Rastatt 1979.
[3] „Pro 7“: „Future Fantastic (1)“; Dokumentation, GB 1996, ausgestrahlt von „Pro 7“ am 11.01.1998.
 

 
Das Streben der Thais nach der Unverwundbarkeit
Von © Axel Ertelt
 
Die bei uns wohl bekannteste Legende über die Unverwundbarkeit ist die Siegfried-Sage des Nibelungenliedes. Siegfried badete bekanntlich im Blute des von ihm erlegten Drachens und wurde so unverwundbar. Es gab nur eine Stelle am Körper, wo das Blut des Drachens nicht hingekommen war, weil sich während des Badens dort ein Blatt auf seiner Haut befunden hatte. Und so konnte er, durch Verrat, doch noch getötet werden...
 
Kaum bekannt ist aber, dass schon im alten Siam ebenfalls der Glaube herrschte, dass man sich unverwundbar machen könnte. Bereits der bekannte Reiseschriftsteller der wilhelminischen Ära, Ernst von Hesse-Wartegg, berichtet in seinem 1899 erschienenen Buch über Siam [01] von einem alten Brauch, mit dem man angeblich die Unverwundbarkeit erlangen konnte. Notwendig dazu waren „allerlei Mittelchen“, die für einen aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhunderts recht merkwürdig und dubios klingen. Doch nicht in Siam allein, sondern in den gesamten Schanstaaten herrschte diese Überzeugung.
 
Dass dieser Glaube nicht nur vereinzelt war, sondern offenbar zum Alltagsleben gehörte, bezeugt Hesse-Wartegg mit seinen Worten, dass „fast alle Männer“ irgendwelche Wundermittel für diesen Zweck besaßen. Sie trugen dafür „unter den Kleidern einen Gürtel mit Täfelchen aus Büffelhorn, Schildpatt, Gold, Silber oder Kupfer, auf welche mysteriöse Beschwörungsformeln graviert“ [02] waren. Aber auch eine ganze Reihe dieser Täfelchen, auf einer Schnur gereiht und um den Hals getragen, sollte den gleichen Zweck erfüllen.
 
Diese Praktiken waren unter Umständen nicht sehr Erfolg versprechend, wenn der Betroffene einen gefährlichen Beruf ausübte. Die Täfelchen am Gürtel oder an der Kette um den Hals konnten verloren gehen und in Gefangenschaft leicht entwendet werden. So wäre der Zauber wirkungslos geworden. Deshalb benutzten besonders gefährdete Personen wie beispielsweise Soldaten, Jäger, Boten, Reisende und Holzfäller – aber auch Straßenräuber – ein ganz markantes Versteck für die magischen Täfelchen: Sie versteckten sie unter der Haut!
 
Der Schriftsteller Hallett, den Hesse-Wartegg als eine der ersten Autoritäten zu Siam beschreibt, soll viele Schans gesehen haben, auf deren Brust mehrere Beulen die Stellen anzeigten, wo solche Talismane verborgen waren. Ähnliches berichtet auch der Missionar Abbé Chevillard. Er gibt an „Birmanen getroffen zu haben, welche auf den Armen, Schenkeln und auf der Brust mit derartigen Beulen und Narben tiefer Schnitte bedeckt waren“. [03] Der Missionar, der während seines langjährigen Aufenthaltes in Hinterindien viele dieser Leute bekehren wollte, musste die Erfahrung machen, dass er die Menschen „in keiner Weise“ von diesem Aberglauben heilen konnte.
 
Die Erfahrung hat gezeigt, dass all diese Wunder- und magischen Zaubermittel unter Umständen nichts nutzten. Trotz dieser Mittel und Vorsichtsmaßnahmen wurden viele verwundet oder gar getötet. Aber auch diese Tatsache konnte den Glauben an die Unverwundbarkeit nicht erschüttern. Schließlich war ja alles ein Zauber irgendeines Gottes. Und es gab viele Götter und viele Zauber, starke und weniger starke. Wurde also jemand trotz des Zaubers verwundet oder getötet, so hatte der Gegner eben einen besseren Zauber gehabt. Jedes Mittel hat immer ein Gegenmittel und alles funktioniert nur solange, wie der Glaube daran anhält. Der Glaube kann ja bekanntlich Berge versetzen.
 
Selbst die Menschen der gehobenen Klasse glaubten vor 100 Jahren noch an diesen Zauber. Ein besonders schön überliefertes Beispiel dazu stammt aus der Zeit Ludwigs XIV von Frankreich. Als die erste siamesische Gesandtschaft nach Europa kam und während ihres Aufenthaltes an einem Truppenmanöver teilnahm, wollte der König die Gesandten durch die Wirkung der Gewehrkugeln in Schrecken versetzen. Doch der Gesandte ließ sich nicht aus der Fassung bringen und antwortete dem König: „Sire, unsere Truppen haben keine solchen Waffen, aber wenn die französischen Truppen auf sie schössen, so würden die Kugeln vor ihnen zu Boden fallen, ohne sie zu verletzen.“ [04]
 
In einer „offiziellen thailändischen Chronik“ [05] ist zu dieser Episode zu lesen, dass der Gesandte – der gleichzeitig der erste thailändische Botschafter in Frankreich war – König Ludwig XIV zusätzlich in höchstes Erstaunen versetzte, als er ihm erzählte, dass auch er ein Amulett besäße das ihn gegen die Gewehrkugeln immun mache.
 
„Bei der daraufhin unverzüglich angeordneten Demonstration fielen, so die Chronik, die Kugeln des Exekutionskommandos wirkungslos zu Boden, bevor sie ihr Ziel erreichen konnten.“ [06, 07] An anderer Stelle heißt es auch: „...die Kugeln prallten von ihren Körpern ab.“ [08]
 
Auch heute noch sind Amulette oder Talismane in Gebrauch, denen übernatürliche Kräfte zugeordnet werden. [09] Die Bezeichnung dazu ist Khrüang-Raang. Neben anderen nützlichen Effekten sollen sie ebenfalls – zumindest einige von ihnen – unverwundbar machen. So genannte „Buddha-Amulette“ sollen auch diese Kraft besitzen. Sie werden häufig aus einer Mischung aus Kalk und geheiligtem Wasser, dem oft weitere geheimnisvolle Zutaten beigemischt werden, gepresst. Der besseren Haltbarkeit wegen trägt man sie in der Regel, in einen Messing- oder Goldrahmen mit einer Glas- oder Kunststofffront versehen eingefasst, an einer Kette am Hals. Für die Ärmeren genügt zur Not auch der Sakhot, ein weißer oder farbiger Faden, der, um das Handgelenk gebunden, vor Unglück und auch vor Geistern schützen soll.
 
Beim Wat Rajanadda [10] an der Ecke Rajdamnoen Road/Mahachai Road in Bangkok befindet sich ein praktisch in ganz Thailand bekannter Amulett-Markt, auf dem „Amulette aller Größen, Formen und Stilarten“ verkauft werden. Auch diverse andere Zaubermittel (phra phim) sind hier erhältlich. Viele der dort angebotenen Glücksbringer sollen ihre Träger „vor körperlichem Leid bewahren“, was nichts anderes als Unverwundbarkeit bedeutet. [11]
 
„Besonders beliebt sind Amulette, die den Träger so unverwundbar machen, dass ihm weder Messer noch Kugeln etwas anhaben können“. [12] Diese sind auch für thailändische Verhältnisse recht teuer, werden aber offenbar trotzdem gut verkauft: „Amulette, denen eine besonders starke Kraft zugesagt wird, kosten Tausende von Baht und werden von Soldaten, Taxifahrern und anderen Gläubigen getragen, die in besonderen Risiko-Berufen arbeiten.“ [13]
 
Eine andere, heute weit verbreitete Methode die Unverwundbarkeit zu erlangen, sind spezielle Tätowierungen (sak). Sie sollen im günstigsten Fall sogar so unverwundbar machen, dass dem Tätowierten selbst Messer oder Kugeln nichts anhaben können. Allerdings muss die Tätowierung von einem eingeweihten Tätowiermeister (Khru sak) angefertigt werden. Dies geschieht dann unter Rezitation von magischen Formeln. („Die wirksamsten dieser magischen Tätowierungen sollen den Träger gar unverletzlich machen.“ [14])
 
Aber auch heute gibt es noch die Methode, unverwundbar machende Talismane unter der Haut zu verstecken. Allerdings sind sie bedeutend kleiner als die früheren Täfelchen. Es handelt sich dabei um das Leglaay [15], kleine und angeblich recht zauberwirksame Metallkügelchen, denen häufig noch heilige Zeichen und Buchstaben eingraviert werden. Sie werden, meistens im Bereich des Oberarmes, unter der Haut implantiert, wo sich eine schwellungsähnliche Erhebung bildet. Diese Methode führt häufig zu schmerzhaften Hautinfektionen und wohl seltener zur Unverwundbarkeit, was die Thais jedoch nicht von ihrem Wunderglauben abhält. [16] Wie kürzlich bekannt wurde, verwendet man manchmal zu diesem Zweck heute auch Kügelchen aus Gold oder kleine Edelsteine, da diese seltener zu Infektionen und Entzündungen führen. Auch diese werden allgemein als Leglaay bezeichnet – obwohl sie nicht aus diesem Metall sind.
 
Knapp zehn Kilometer südlich von Kraburi zweigt eine kurze Zufahrt vom Highway 4 zur Tham Phra Kayang Höhle ab. In ihr befinden sich prähistorische Wandmalereien. Sie gilt aber auch als Fundort des legendären Leglaay, dem „magischen“ Metall, das unverwundbar machen soll. Was aber ist das geheimnisvolle Leglaay eigentlich? Es soll sich um ein eisenähnliches Metall handeln, das vermutlich nur in der Tham Phra Kayang Höhle gefunden wird. Es ist angeblich hart und elastisch wie Gummi zugleich. Daher soll es sich wie Wachs formen lassen. Weitere Informationen darüber liegen leider nicht vor und lassen sich offenbar, wenn überhaupt, auch nur sehr schwer beschaffen. Touristen seien aber gewarnt: Viele Fälschungen aus ganz normalem Eisen werden für teures Geld als Leglaay an die gutgläubigen Farangs verkauft...
 
Meine Frau Thawee bestätigte mir, dass sie noch Ende der 70er Jahre oft gehört hat, wie sich die Menschen in Thailand über die Unverwundbarkeit unterhielten. Und von ihrem Vater hatte sie damals gehört, dass der Zauber im Laufe der Zeit nachlässt und daher der Ritus bzw. auch die magischen Formeln jedes Jahr erneuert werden sollten. Wer dies nicht machte, der verlor mit der Zeit seine Unverwundbarkeit. So langsam scheint dieser Glaube aber auch in Thailand in Vergessenheit zu geraten, denn heute wird man in der Öffentlichkeit nur noch selten mit dem Thema konfrontiert.
 
Thawee erinnert sich jedoch noch an eine Geschichte zu diesem Thema, die in einer geselligen Runde erzählt wurde, bei der sie mit ihrem Vater zugegen war: Ein „Buddhist“ (damit meinte sie in diesem Fall einen Mönch) aus Banchang führte vor einiger Zeit (das muss ca. 1986 gewesen sein) seine Unverwundbarkeit vor. Er ließ sich dabei mit der scharfen Klinge einer Machete kräftig auf den Körper schlagen. Obwohl die Schneide so scharf war, dass man mit einem kräftig geführten Hieb durchaus jemanden die Gliedmaße durchtrennen konnte, zeigten sich keinerlei Verletzungen am Körper des „unverwundbaren Mönches“. Was steckt hinter solchen Vorführungen? Ist alles nur Show und Trick? Eine Illusion wie beispielsweise bei den Kunststücken des bekannten „Zauberers“ David Copperfield? Oder steckt mehr dahinter und gibt es sie wirklich, die Unverwundbarkeit?
 
Eine andere – recht makabre – Art die Unverwundbarkeit zu erlangen betreibt der Padaung-Stamm, von dem es heute nur noch um die 7.000 Angehörige geben dürfte. Der bekannteste Ort in Thailand, der zum Padaung-Stamm gehört, ist Nam Phlang Din. Ihn erreicht man während eines Tagesausfluges per Langschwanzboot von Mae Hong Song aus. Mae Hong Song liegt etwa 250 Kilometer nordwestlich von Chiang Mai, direkt an der Nationalstraße 108 und in unmittelbare Nähe der Grenze zu Myanmar. Nam Phlang Din ist ein reines Dschungeldorf, das aus gut zwei Dutzend Hütten besteht, die fast völlig von Bambus und Lianen verdeckt, am Ufer des Mae Nam Pai liegen. Hier leben ein paar hundert Angehörige des Padaung-Stammes, die vor der Militärjunta aus Myanmar geflohen sind. Die weiblichen Mitglieder des Stammes sind die weltbekannten und berühmten „Giraffenfrauen“.
 
Sie werden so genannt, weil sie sowohl nach einem uralten Schönheitsideal, als auch wegen relativer Unverwundbarkeit vom 6. bis 25. Lebensjahr Messingringe (früher bestanden diese Ringe aus Gold) um den Hals gelegt bekommen. Dies geschieht mindestens einmal pro Jahr während einer speziellen Feier für dieses Zeremoniell. In der Regel sind es die Ehemänner, die den Frauen die Ringe anlegen. Dabei wird vorher die Haut mit einer dicken Fettsalbe und Tüchern geschützt. Aus dieser Zeremonie leitet sich auch der Name der Padaung ab. „Pa“ bedeutet soviel wie „drumherum“ und „Daung“ ist „glänzendes Metall“; also: glänzendes Metall, das „drumherum“ – um den Hals – gelegt wird.
 
Das kann soweit ausarten, dass einige Padaung-Frauen ihr Leben lang bis zu sieben Kilogramm Messing mit sich herumschleppen müssen. Auch an Arme und Beine werden viele Ringe angebracht. Die Frauen, die die meisten Ringe tragen, sind im ganzen Dorf hoch angesehen. Als drakonische und beschämende Stammesstrafe – zum Beispiel wegen Ehebruchs – können diese Ringe wieder entfernt werden. Eine so bestrafte Frau muss dann ihren unnatürlich in die Länge gezogenen Hals abstützen, denn die Deformierung der Wirbel und Muskulatur lässt dann im Extremfall kein normales Leben mehr zu. Im schlimmsten Fall muss sie den Rest ihres Lebens nur noch liegend verbringen.
 
Nach den Überlieferungen der Padaung soll diese Prozedur, mit der der Hals der Frauen unvermeidbar drastisch in die Höhe gestreckt wird (daher der Name „Giraffenfrau“) eine optische Verwandtschaft zu den Geistern und Dämonen aus der Schlangen- und Drachenwelt des Volkes bewirken. Gleichzeitig soll dies die Frauen auch vor „ihren gefährlichen Verwandten“ sicherstellen und sie unverwundbar gegen Panther-, Tiger- und Bärenangriffe machen. Der Reiseführer-Autor Wolfhart Berg merkt dazu an: „...was ja in etwa logisch ist, da Kehle und Halsschlagader (durch die Ringe) unverletzbar sind“. [17]
 
[01] Hesse-Wartegg, Ernst von: „Siam das Reich des weissen Elefanten“; Verlags- buchhandlung von J. J. Weber, Leipzig 1899 (S. 202).
[02] Hesse-Wartegg, Ernst von: a. a. O., S. 202.
[03] Hesse-Wartegg, Ernst von: a. a. O., S. 202.
[04] Hesse-Wartegg, Ernst von: a. a. O., S. 202.
[05] „APA Guides Thailand“; [APA Publications (HK) Limited] RV Reise- und Verkehrsverlag, Stuttgart 1991 (S. 53).
[06] „APA Guides Thailand“; a. a. O., S. 53.
[07] „APA Guides Thailand“; [APA Publications (HK) Limited] RV Reise- und Verkehrsverlag, Stuttgart 1993, aktualisierte und erweiterte Neuauflage mit leicht geändertem Text (S. 64).
[08] Krack, Rainer: „Bangkok und Südthailand“; DuMont Buchverlag, Köln 1990 (S. 50f). Vgl. dazu auch: Krack, Rainer: „Thailands Süden mit Bangkok“; Peter Rump Verlag, Bielefeld 2000.
[09] Leinen, Wolfram & Peters, Jens: „Thailand Reise-Handbuch“; Jens Peters Publikationen, Berlin, 2. erweiterte und aktualisierte Auflage, Oktober 1991 (S. 32f).
[10] Es gibt hier unterschiedliche Schreibweisen, da es bisher keine einheitliche Übersetzung aus dem Thai gibt. Eine andere gebräuchliche Schreibweise ist auch: „Wat Ratchanatda“.
[11] Cummings, Joe: „Thailand“; Schettler Travel Infos, Bd. 16, Schettler Travel Publikationen, Hattorf, 2. Auflage 1988 (S. 136f).
[12] Krack, Rainer: „Thailand Handbuch“; Peter Rump Verlag, Bielefeld, 3. Auflage 1991 (S. 138 f).
[13] Krack, Rainer: „Thailand Handbuch; a. a. O. [s. 12], S. 138f.
[14] Bolik, Rainer & Jantawat-Bolik, Siriporn: „Thailand“; Reihe: „Land und Leute“, Polyglott-Verlag, München 1992 (S. 9).
[15] Andere Schreibweisen sind auch: „Leklai“ oder „lek-lai“.
[16] Krack, Rainer: „Kulturschock Thailand“; Peter Rump Verlag, Bielefeld, 1. Auflage 1991 (S. 21, 230).
[17] Berg, Wolfhart: „Thailand“; Schroeder Reiseführer, Bruckmann Verlag, München, 1. Auflage 1992 (S. 247f).
 

 

 

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